Festbeträge

GBA packt Insuline zusammen

Freie Fahrt für Insulinanaloga: Der GBA hat für alle Kunst- und Humaninsuline Festbetragsgruppen gebildet - und gleichzeitig einem DPP-4-Hemmer erneut einen harten Dämpfer verpasst.

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GBA: Beschlüsse zu Festbetragsgruppen und der frühen Nutzenbewertung.

GBA: Beschlüsse zu Festbetragsgruppen und der frühen Nutzenbewertung.

© GBA

BERLIN. Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus können künftig wieder ohne Ausnahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat die "Kunstinsuline" am Donnerstag gemeinsam mit den Humaninsulinen in drei Festbetragsgruppen zusammengefasst. Gleichzeitig verpasste er dem DPP-4-Hemmer Linagliptin (Trajenta®) erneut einen herben Dämpfer und attestierte ihm keinen Zusatznutzen.

"Sämtliche in Deutschland verfügbaren Insuline sind damit wieder zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig", sagte der unparteiische GBA-Vorsitzende Josef Hecken in Berlin.

Bisher bestanden bei Typ-2-Diabetikern sowohl für kurzwirksame als auch für langwirksame Insulinanaloga zahlreiche Verordnungsbeschränkungen. Diese speziellen Beschlüsse werden nun von den Erstattungsobergrenzen abgelöst.

Der GBA hat je eine Festbetragsgruppe für schnell wirkende Insuline, intermediär und lang wirkende Insuline sowie für Mischinsuline gebildet - jeweils gemeinsam für Analoga und Humaninsulin.

Ausgenommen sind laut GBA allerdings Insulinpräparate in Durchstechflaschen, die für die Pumpentherapie zugelassen sind.

Mit den neuen Festbetragsgruppen kommt der GBA einer Aufforderung des Bundesgesundheitsministeriums nach. Der Beschluss muss noch im Ministerium geprüft werden, bevor er bei "Nichtbeanstandung" in Kraft treten kann.

Ebenfalls am Donnerstag bescheinigte das Gremium dem DPP-4-Inhibitor Linagliptin (Trajenta®) erneut, dass es "keinen Zusatznutzen" gegenüber der Vergleichstherapie habe.

Bereits im vergangenen Jahr wurde das Präparat der frühen Nutzenbewertung unterzogen - mit dem Ergebnis des fehlenden Zusatznutzens. Hintergrund für die Entscheidung war ein Disput über die adäquate Vergleichstherapie.

Besorgter Blick auf die Zukunft

Während der Hersteller Boehringer Ingelheim die Vergleichstherapie mit anderen Gliptinen für sachgerecht hielt, verlangte der GBA den Vergleich mit den wesentlich älteren Sulfonylharnstoffen.

Auf Basis des ersten vom Hersteller eingereichten Dossiers kam das IQWiG schließlich zu dem Fazit, dass Linaglitptin keinen Zusatznutzen hat. Der GBA schloss sich diesem Votum an. Preisverhandlungen mit den Kassen scheiterten schließlich, der Hersteller nahm das Präparat vom deutschen Markt.

Im Herbst hatte Boehringer schließlich ein neues Dossier eingereicht - und wollte mit dem Vergleich zu Sulfonylharnstoffen einen neuen Anlauf starten.

Doch auch damit fiel Linagliptin beim IQWiG durch: Im Dezember kam das Kölner Institut zu dem Schluss, dass aus dem Dossier ein "Zusatznutzen nicht ableitbar" sei, da "keine geeigneten Studien vorgelegt" worden seien.

Dem schloss sich der GBA nun an. Das Gremium spricht von "nicht belegten Therapieergebnissen" etwa bei der Verminderung von Herzinfarkten und einer "zweifelhaften Nichtunterlegenheit" bei der Blutzuckerkontrolle.

GBA-Chef Hecken: "Die wissenschaftliche Basis des Beschlusses ist eindeutig." Nach intensiver Auswertung des Dossiers und der Anhörung habe der GBA zu keinem anderen Ergebnis kommen können.

Für den Hersteller Boehringer Ingelheim und den Allianzpartner Eli Lilly ist diese erneute Bewertung ein herber Rückschlag. Sie sprechen von einer "unverständlichen Entscheidung", die "jeder medizinisch-wissenschaftlichen Grundlage" widerspreche.

Dr. Engelbert Günster, Deutschlandchef von Boehringer Ingelheim, warnte vor weitreichenden Folgen: "Wir schauen besorgt auf die Zukunft der Diabetestherapie in Deutschland." (nös)

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