Ein Jahr AMNOG

GKV feiert, vfa beklagt Strafmodell

Die Arzneihersteller ziehen nach einem Jahr Erstattungsbeträge ihr Fazit: Ein faires Verfahren sieht anders aus, kritisiert der vfa. Der GKV-Spitzenverband feiert das Verfahren unterdessen als großen Erfolg.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) soll die Kosten für Arzneimittel reduzieren.

Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) soll die Kosten für Arzneimittel reduzieren.

© Sven Bähren / fotolia.com

BERLIN. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) hat das Preisfindungsverfahren, wie es im Arzneimittelmarkt-Neuordnugnsgesetz (AMNOG) vorgesehen ist, scharf kritisiert.

"Das Verfahren bestraft Innovationen", sagte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer am Donnerstag in Berlin. Entgegen der politischen Intention des Gesetzgebers werde das AMNOG als reines Kostendämpfungsinstrument benutzt.

"Der Preis neuer, innovativer Arzneimittel soll sich an Preisen von Generika orientieren, die schon lange auf dem Markt sind", so Fischer.

Insbesondere kritisierte Fischer die Doppelrolle des GKV-Spitzenverbandes. Dieser ist im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) bei der Nutzenbewertung beteiligt und Verhandlungspartner bei den Erstattungsbeiträgen.

Er nutze diese Macht aus, um bei der Nutzenbewertung eine billige Vergleichstherapie auszuwählen und anschließend die Erstattungsbeträge eines innovativen Arzneimittels mit bestätigtem Zusatznutzen von dem Preis dieser Vergleichstherapie abzuleiten. "Ein faires Verfahren sieht anders aus", so Fischer.

Zum Hintergrund: Vor gut einem Jahr wurde der erste Erstattungsbetrag nach den Regelungen des neuen Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) zwischen einem Pharmaunternehmen und dem GKV-Spitzenverband nach sechsmonatigen Verhandlungen vereinbart.

Pionierarbeit aufseiten der Pharmaindustrie leistete damals der Hersteller Astra Zeneca mit dem Blutverdünnungsmedikament Ticagrelor (Brilique®). Nachdem es vom IQWiG einen Zusatznutzen zugesprochen bekam, verhandelten Unternehmen und GKV-Spitzenverband über den Preis, was sich bis Juni 2012 hinzog.

Zwei Milliarden Euro Einsparziel

Seither sind weitere zwanzig Erstattungsbeträge hinzugekommen. Derzeit laufen zehn Erstattungsbetragsverhandlungen. Siebzehn Erstattungsbeträge wurden in Verhandlungen zwischen dem jeweiligen Pharmaunternehmen und dem GKV-Spitzenverband vereinbart.

In vier Verhandlungen konnte keine einvernehmliche Lösung gefunden werden und die gesetzliche vorgesehene Schiedsstelle hat stattdessen eine Entscheidung getroffen. Zwei weitere Medikamente wurden wegen des nicht vorhandenen Zusatznutzens vom GBA direkt in Festbetragsgruppen eingruppiert.

Das Fazit des GKV-Spitzenverbandes fällt nach einem Jahr Verhandlungen positiv aus. "Mit diesem Gesetz wird bei den neuen Medikamenten die Spreu vom Weizen getrennt", so Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.

Durch die 21 Erstattungsbeträge könnten in den Jahren 2012 und 2013 etwa 120 Millionen Euro Arzneimittelausgaben eingespart werden, prognostizierte von Stackelberg. Das entspreche 16 Prozent des Umsatzes dieser Arzneimittel.

Die schwarz-gelbe Koalition wollte ursprünglich bis zu zwei Milliarden Euro Arzneimittelkosten pro Jahr mit der frühen Nutzenbewertung sparen. Diese Einsparziele seien nicht unrealistisch, sagte von Stackelberg.

Allerdings könnten sie nur mit der Bewertung des Bestandsmarktes realisiert werden. Der GBA hatte im April bekannt gegeben, dass die systematische Bewertung des Bestandsmarktes Mitte Juli starten soll.

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