Europäischer Gesundheitskongress München
Bayerns Gesundheitsministerin Gerlach wirbt für Update des Präventionsgesetzes
Prävention braucht „strategische Ziele“, will sie erfolgreich sein, sagt Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach zum Start des 24. Europäischen Gesundheitskongresses München. Auch die Themen Innovation und KI spielen eine Rolle.
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Prävention anders denken: Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) am Dienstag bei der Eröffnung des 24. Europäischen Gesundheitskongresses München.
© Klaus D. Wolf
München. Mit Appellen, neue Wege zu beschreiten und mehr Innovation zu wagen, ist am Vormittag der 24. Europäische Gesundheitskongress München eröffnet worden. Bayerns Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Judith Gerlach, forderte, Prävention deutlich stärker zu betonen. Diese müsse ein Feld werden, auf dem Gewinne erzielt werden könnten. Dafür brauche es „Möglichmacher“, sagte die CSU-Politikerin.
Für Prävention müssten daher „strategische und gesundheitspolitische Ziele“ aufgesetzt werden, so Gerlach. Bayern werde sich in einem Präventionsbericht gezielt den Themen Suchtverhalten und Adipositas widmen. Weitere Ziele seien die Analyse der mentalen Gesundheit ihn den Schulen, die Bewegung am Arbeitsplatz sowie Bewegung und Ernährung insgesamt.
Gerlach: Präventionsgesetz braucht ein Update
Das 2015 erstmals aufgelegte Präventionsgesetz benötige Reformen, so Gerlach: Es werde entscheidend darauf ankommen, Prävention auf allen Ebenen zu stärken, sonst würden Versorgungs- und Finanzierungssysteme überfordert. Zum Beispiel benötigten die gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit, Gesundheitsdaten stärker nutzen zu dürfen. Darin liege eine „riesige Chance“.Den Krankenkassen an dieser Stelle mehr Beinfreiheit zu geben, wäre eine Innovation.
Zehn Jahre Präventionsgesetz
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Zu mehr Mut beim Thema Innovation hatte zuvor Kongressleiterin Claudia Küng von der Veranstalterin WISO Consulting GmbH aufgerufen. Deshalb bedürfe es viel Sorgfalt im Reformgeschehen. Im Zeitalter von Lifestyle könnten Produkte der Pharmaindustrie ein „Wahnsinns-Exportschlager“ sein, sagte Küng. Gesundheit sei auf der einen Seite Kosten-, auf der anderen aber auch Wirtschaftsfaktor.
Kongresspräsident Professor Karl Max Einhäupl kritisierte die zahlreichen Partikularinteressen im Gesundheitssektor. Die Interessen des Föderalismus, der Krankenkassen, der Ärzte- und Krankenhausverbände und viele andere verhinderten häufig Entwicklungen.
Innovationen könnten Kosten senken, nicht treiben
Künstliche Intelligenz (KI) und Sprunginnovationen führten nun in einen Bereich, in dem sich sagen lasse, medizinischer Fortschritt führe nicht zwangsläufig zu höheren Kosten, sondern könne sogar zu geringeren Kosten führen, sagte der Wissenschaftliche Leiter des Kongresses, Professor Andreas Beivers.
„Wir kommen hier in einen Bereich, der, wenn wir ihn richtig einsetzen und ausrollen Kosten reduzieren und die Gesundheitsversorgung deutlich verbessern könne, sagte Beivers, der Studiendekan Gesundheitsökonomie der Hochschule Fresenius in München ist.
„Wir stehen vor einer revolutionären Veränderung“, machte DAK-Chef Andreas Storm mit Blick auf die rasant voranschreitenden technologischen Veränderungen deutlich. Die Frage sei allerdings: „Sind wir dabei?“.
Im Moment böten sich mit dem Start der flächendeckenden Befüllung der elektronischen Patientenakten Chancen. Damit lasse sich Digitalisierung ganz anders nutzen. Die Entwicklung sei allerdings nicht nachhaltig. Es fehle das Gesamtbild, wo das Gesundheitswesen hinwolle, so Storm.
„KI wird Ärzte nicht ersetzen, aber ...“
Mehr unternehmerisches Denken forderte Professor Karl-Heinz Brandenburg ein, der zu den Erfindern des MP3-Standards zählt. Deutschland sei nach wie vor innovativ, versäume es allerdings, daraus angemessen Vorteile zu ziehen.
Noch sei die KI im Gesundheitswesen nur bedingt einsetzbar. Es fehle an Daten in Masse und hoher Qualität, sagte Professor Daniel Rückert vom Institut für KI und Informatik des Klinikums rechts der Isar und der Technischen Universität München. Chat GPT habe nach dem Start zwar nur zwei Monate gebraucht, um die 100-Milliarden Euro-Schwelle im Umsatz zu knacken, im Gesundheitswesen könne sie allerdings noch nicht genutzt werden.
Die Wissenschaft verändere sich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz rasend schnell. Ein Nobelpreis für Medizin auf diesem Forschungsfeld sei zu erwarten. Vorhersagen, dass Radiologen dadurch überflüssig würden, hätten sich bislang allerdings nicht bestätigt. „KI wird Ärzte nicht ersetzen, aber Ärzte, die KI nutzen, werden diejenigen Ärzte ersetzen, die dies nicht tun“, sorgte Rückert für das Bonmot der Veranstaltung. (af)