Schutzbrief vorgestellt

Giffey: „Genitalverstümmelung ist schlimme Menschenrechtsverletzung“

Die Bundesregierung will entschiedener gegen weibliche Genitalverstümmelung vorgehen. Helfen soll ein neuer Schutzbrief, den Familienministerin Franziska Giffey vorgestellt hat. Das Dokument soll Frauen auch im Ausland besser schützen.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) stellte am Freitag einen Schutzbrief vor, der junge Frauen vor Genitalverstümmelung schützen soll.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) stellte am Freitag einen Schutzbrief vor, der junge Frauen vor Genitalverstümmelung schützen soll.

© BMFSFJ

Berlin. Die Bundesregierung will den Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung verstärken. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) stellte dazu am Freitag in Berlin einen Schutzbrief vor.

Darin wird über die Strafbarkeit von weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland informiert, auch wenn diese im Ausland vorgenommen wird. Laut hiesigem Strafrecht wird weibliche Genitalverstümmelung mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet.

68.000  Frauen in Deutschland betroffen

„Wir wollen handeln gegen eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen auf der Welt“, sagte Giffey. Bei weiblicher Genitalverstümmelung handele es sich um eine „archaische Straftat gegen Mädchen und junge Frauen“. Ihnen werde das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung genommen. Geschätzte drei Millionen Frauen seien weltweit betroffen. Die Frauen litten ein Leben lang unter den körperlichen und seelischen Folgen.

Auch in Deutschland sei das Thema „aufgrund von Flucht und Migration“ angekommen, sagte Giffey. Ihr Ministerium gehe von rund 68.000 Frauen in Deutschland aus, die eine Genitalverstümmelung über sich hätten ergehen lassen müssen, sagte Giffey. 15.000 Mädchen lebten in der Angst, dass ihnen eine solche schwere Körperverletzung angetan werde.

Aufklärung und Warnung zugleich

Familien sollten mithilfe des Schutzbriefes davon abgehalten werden, bei Reisen ins Ausland eine Genitalverstümmelung an ihren Töchtern durchführen zu lassen, so Giffey. Das Dokument gebe ihnen „starke und überzeugende Argumente gegen den gesellschaftlichen und familiären Druck in den Herkunftsländern an die Hand“. Der Brief, der die Größe eines Reisepasses hat, lasse sich gut bei Reisen mittragen.

Der Schutzbrief wird von mehreren Bundesministerien, darunter auch das Gesundheitsressort von Minister Jens Spahn (CDU), mitgetragen. Die Bundesärztekammer war an der Erstellung des Briefes beteiligt.

Corona lässt Anlaufstellen wegbrechen

Anlässlich des Internationalen Tages „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“ am 6. Februar hatte die Menschenrechtsorganisation „Terre de femmes“ zuvor bereits vor den Folgen des Corona-Lockdowns gewarnt. Wegen eingeschränkter sozialer Kontakte und dem Rückgang von Arztbesuchen sowie der Schließung von Schulen und Sportvereinen fielen nahezu alle niedrigschwelligen Anlaufstellen weg.

„Für Mädchen, die von weiblicher Genitalverstümmelung bedroht oder betroffen sind, ist es in Lockdown-Zeiten fast unmöglich, Hilfe zu suchen“, sagte die Bundesgeschäftsführerin von Terre de femmes, Christa Stolle. Der „schwerwiegende Eingriff aus Gründen der Tradition“ bleibe derzeit unbemerkt. Bis heute fehle es in Deutschland an „effektiven Interventionsketten, die betroffenen und bedrohten Mädchen in der Not helfen“, kritisierte Stolle.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kriminalität

Großer Andrang bei Bremer Gewaltschutzambulanz

Kommentar zur Pneumokokken-Impfung

Impfstrategie: Das Rennen geht weiter

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Pflanzenzweige in Reagenzgläsern

© chokniti | Adobe Stock

PMS? Phytotherapie!

Evidenzbasierte Phytotherapie in der Frauenheilkunde

Anzeige | Bionorica SE
Packshot Agnucaston

© Bionorica SE

PMS? Phytotherapie!

Wirkmechanismus von Agnucaston® 20 mg

Anzeige | Bionorica SE
Mönchspfeffer Pflanze

© Lemacpro / AdobeStock

Phytotherapie bei PMS

Wissenschaftliche Kurzinformation zu Agnucaston® 20 mg

Anzeige | Bionorica SE
Kommentare
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Abb. 1: Wichtige Signalwege und Angriffspunkte für eine zielgerichtete Therapie beim Mammakarzinom

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Molekularpathologische Diagnostik

Welche Tests sind wichtig beim Mammakarzinom?

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH GmbH, Hamburg
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Genregulation

Medizin-Nobelpreis geht an Entdecker der microRNA

Prospektive Studie

Blutdruckmessen: Höhere Werte wegen falscher Armposition möglich

Lesetipps
Ein geöffneter Geldbeutel mit Münzen und Scheinen liegt auf dem Tisch.

© stockphoto-graf / stock.adobe.com

Vorauszahlungen unzulässig?

Juristin klärt auf: Vorsicht mit der Vorkasse

Digital und im Team: HÄPPI sieht eine umfangreiche Transformation der Praxisabläufe vor.

© maxsim / stock.adobe.com

Zehn Pilotpraxen erproben Zukunftsplan

„HÄPPI“-Konzept: Auf dem Weg zur Hausarztpraxis 2.0