Barmer GEK

Glaeske fordert Bewertung im Bestandsmarkt

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BERLIN. Einschneidende Änderungen am Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) haben der Barmer GEK-Vize Dr. Rolf-Ulrich Schlenker und Professor Gerd Glaeske von der Universität Bremen gefordert.

Arzneimittel des Bestandsmarkts sollten einer Nutzenbewertung unterzogen werden, sagten Schlenker und Glaeske bei der Vorstellung des Barmer GEK Arzneimittelreports 2014 am Dienstag in Berlin.

Als Grund nannten sie mögliche Risiken, die von nicht bewerteten Wirkstoffen ausgehen könnten. Konkret nannte Glaeske den Blutgerinnungshemmer Xarelto® (Rivaroxaban), dessen Umsatz zu Lasten der Kassen sich von 93 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 282 Millionen Euro im Jahr 2013 mehr als verdreifacht habe, obwohl es schwer beherrschbare Blutungen und möglicherweise damit zusammenhängende Todesfälle auslösen könne.

Große Koalition hatte Nutzenbewertung aus Bestandsmarkt eingestellt

Glaeske forderte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf, einen Zwischenbericht zu dem umstrittenen Blutverdünner vorzulegen. So war von 2012 bis 2013 die Zahl der dem BfArM gemeldeten Verdachtsberichte hierzu von 72 auf 102 Todesfälle gestiegen, meldet dpa. Gleichzeitig stieg aber auch der Absatz von 668.000 auf 1,7 Millionen Packungen.

Der Anteil an Todesfällen bei den Verordnungen ist also eher gesunken. Das BfArM wies zudem darauf hin, dass es sich bei den Meldungen um reine Verdachtsfälle handele.

So könne der tödliche Verlauf auch Folge der Grunderkrankung sein. Nutzenbewertungen aus dem Bestandsmarkt, zu denen Rivaroxaban bereits aufgerufen war, sind von der großen Koalition eingestellt worden.

Schlenker schlug zusätzlich vor, den Marktzugang neuer Arzneimittel von einer Nutzenbewertung bereits zum Zeitpunkt der Zulassung (vierte Hürde) abhängig zu machen.

32 Milliarden für Medikamente ausgegeben

Die Arzneimittelausgaben der Barmer GEK sind 2013 auf 4,2 Milliarden Euro und damit im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent angestiegen.

Die gesetzlichen Kassen insgesamt gaben 32 Milliarden für Medikamente aus (plus 2,4 Prozent). Einsparmöglichkeiten sieht Glaeske in einer gesetzlichen Generikaquote von 85 Prozent. Derzeit entfallen 75 Prozent der Verordnungen auf Generika.

Mit einer Quotierung auch von Biosimilars ließen sich weitere Einsparungen erzielen, so GlaeskeKritik an den Vorstellungen der Barmer GEK kam aus prompt aus der Pharmaindustrie: "Wieder einmal wird eine Erhöhung der Generikaquote gefordert, ohne auf die Therapiehoheit des Arztes Rücksicht zu nehmen", sagte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI).

Der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) reagierte auf die Forderung nach verschärften Zulassungsbedingungen für neue Wirkstoffe. "Die heute erneuerte Idee einer "vierten Hürde" würde darauf hinaus laufen, Patienten weit länger als heute auf Neuerungen warten zu lassen, während über deren Zusatznutzen debattiert wird", sagte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Statt neue Reglementierungen einzuricvhten sollte man dafür sorgen, dass der Fortschritt die Patienten erreiche.

Linke erwarten rasanten Preisschub

Die Opposition nahm die Veröffentlichung des Arzneimittelreports zum Anlass, die Pharmapolitik der großen Koalition anzugreifen. Nach dem moderaten Preisanstieg 2013 werde es in den kommenden zu einem rasanten Preisschub bei den Pillenpreisen kommen, sagte Kathrin Vogler, Sprecherin für Arzneimittelpolitik der Linken.

Auf die Kassen kämen wegen der Absenkung des Herstellerrabatts Mehrkosten von bis zu zwei Milliarden Euro im Jahr zu.

Auch die Abschaffung der Nutzenbewertungen im Bestandsmarkt treibe die Kosten. Sie sei schlecht für die Patienten und Beitragszahler. Der Gesundheitsminister sei damit vor den Interessen der Pharmaindustrie eingeknickt. (af)

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