Weltkrebstag
HPV-Impfung auch für Jungen gefordert
Die Hessische Krebspräventionsinitiative zieht angesichts des Weltkrebstages Bilanz: Gerade bei der HPV-Impfung sei noch viel zu tun. Ein Modellprojekt in Südhessen zeigt, wie höhere Impfraten erzielt werden könnten.
Veröffentlicht:WIESBADEN. In Sachen HPV-Impfung ist in Deutschland noch viel Luft nach oben: So müssten einerseits die Impfquoten erhöht, andererseits auch Jungen gegen die Viren geimpft werden.
Das forderten Experten bei einer Veranstaltung der Hessischen Krebspräventionsinitiative "du bist kostbar". Die Initiative, für die Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Schirmherrschaft übernommen hat, legt in diesem Jahr ihren Fokus auf HP-Viren und durch sie hervorgerufene Krebserkrankungen.
5000 Frauen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs, erklärte Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) zur Eröffnung. 1600 sterben an der Krankheit; rund 100.000 Operationen würden durchgeführt, um Krebsvorstufen zu entfernen.
Die Entscheidung, bereits 9- bis 14-jährige Mädchen zu impfen (die "Ärzte Zeitung" berichtete), sei zu spät getroffen worden, kritisierte Medizinnobelpreisträger Professor Harald zur Hausen.
"Wir müssen die Impfung vor dem ersten Sexualkontakt sicherstellen." Dringend müssten auch Knaben geimpft werden - nicht nur wegen der Ansteckungsgefahr, sondern auch wegen des eigenen Risikos, an durch HP-Viren verursachten Krebsarten zu erkranken.
Die Impfquoten in Deutschland sind aktuell niedrig. Zur Hausen sprach bundesweit von 30 bis 40 Prozent; für Hessen nannte Grüttner gar nur 22 Prozent.
Diese Quoten empfinde er als "bedrückend", so zur Hausen. Denn in Australien, wo die Impfrate wesentlich höher ist, konnten bereits erste Erfolge erzielt werden: So habe sich die Zahl der Vorstufen dort um etwa 80 Prozent verringert.
In Südhessen zeigt ein Modellprojekt, wie freiwillige Schulimpfungen helfen könnten, die Impfraten zu erhöhen. Die "Initiative Prävention" setzte sich 2013 zum Ziel, die HPV-Impfrate binnen zehn Jahren zu verdoppeln.
Nach dem Vorbild eines staatlich finanzierten Schulimpfungsprogramms in Australien, bei dem seit 2007 über sechs Millionen Impfungen durchgeführt wurden, hat im Herbst 2015 eine Impfaktion an sechs Grundschulen im Kreis Bergstraße stattgefunden.
Elternabend hat informiert
An je drei Grundschulen in Lampertheim und Bensheim führten Pädiater und Gynäkologen freiwillige Impfungen durch; die Abrechnung erfolgte über die KV Hessen wie eine in der Praxis durchgeführte Impfung. Nach einem aufklärenden Elternabend und Informationsmaterial konnten die Eltern entscheiden, ob ihr Kind in der Schule, der Praxis oder nicht geimpft werden sollte.
82 Feedback-Formulare zeigten, dass sich 93 Prozent der Eltern ausreichend informiert fühlten, diese Entscheidung zu treffen.
Insgesamt wurde an den sechs Schulen eine Impfquote von 60,5 Prozent erreicht; rund ein Drittel (34 Prozent) davon fanden direkt in der Schule statt, 52 Prozent stimmten einer Impfung in der Praxis zu. Im Vergleich zu einer hessenweiten HPV-Impfquote von 22 Prozent ein wahrer Erfolg, wie Gesundheitsminister Grüttner befand.
Enorme Impflücken identifiziert
Darüber hinaus wurden stichprobenartig 38 Impfausweise kontrolliert. Bei 42 Prozent der Kinder fanden die Mediziner Impflücken.
Laut zur Hausen, der bereits 1976 die Hypothese publizierte, dass HP-Viren eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs spielten, ist der HPV-Impfstoff heute eine der erfolgreichsten und sichersten Vakzinen überhaupt. Dies werde jedoch nicht von allen wahrgenommen.
"Zeitgleich zu meiner Nobelpreisverleihung taten einige ,Gesundheitserfahrene‘ ihre Meinung kund und haben so seither das Meinungsbild geprägt", sagte er in Wiesbaden. Er appellierte an Ärzte, die international vorhandenen Fakten weiterzugeben und über die Impfung aufzuklären.
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