Medizinstudenten wollen Zeit für die Familie, weniger Bürokratie und keine Landarztpraxis.

Von Rebecca Beerheide

Über ihre Zukunft wird viel geredet: Sie sollen schnell studieren, sich viel Wissen aneignen und später am Besten eine eigene Praxis auf dem Land aufmachen. Doch diese Wünsche prallen an den Medizinstudenten von heute ab: Nur 38 Prozent können sich vorstellen, nach dem Studium eine Karriere als Landarzt zu starten.

Auch andere Ergebnisse der Online-Befragung von KBV und Medizinischem Fakultätentag (MFT) mit über 12 000 Studenten lassen aufhorchen: 75 Prozent der Befragten, die sich möglicherweise für eine eigene Praxis entscheiden, möchte als Facharzt arbeiten. Dieser Berufswunsch liegt nur knapp hinter der Anstellung in der Klinik (77 Prozent; Mehrfachnennungen waren möglich).

Junge Ärzte scheuen das finanzielle Risiko

Angestellt sein, im Team arbeiten und kein eigenes finanzielles Risiko eingehen - das scheinen die Prioritäten der Ärzte von Morgen zu sein: Denn 56 Prozent wollen in einem MVZ arbeiten, 49 Prozent angestellt in einer Praxis. Auf den hinteren Plätzen folgen die Anstellungen in der Forschung, im öffentlichen Gesundheitsdienst sowie in der Pharmaindustrie. Vor allem Männer möchten später als Arzt in der Klinik (81 Prozent) oder als niedergelassener Facharzt (74 Prozent) arbeiten.

Der Hausarzt ist bei Frauen und Männern gleichauf unbeliebt: 36 Prozent der Frauen und 39 Prozent der Männer können sich eine eigene allgemeinmedizinische Praxis vorstellen. Eine Rolle dabei spielen neben der Sorge um das finanzielle Risiko und Regressforderungen, die Bürokratie und das zu niedrige Honorar.

Das Ansehen des Hausarztes sinkt während des Studiums

Dabei wandelt sich laut der Umfrage die Einstellung zu den Arbeitsmöglichkeiten während des Studiums kaum: Der Job im Krankenhaus bleibt zwischen Vorklinik und Praktischen Jahr (PJ) gleichauf beliebt, ebenso die eigene Facharztpraxis. Eine Anstellung im MVZ steigt in der Beliebtheit sogar noch etwas an. Die Option Hausarztpraxis sinkt von 41 Prozent während der Vorklinik auf 35 Prozent im PJ.

Keine guten Aussichten für Nachwuchs auf dem Land. Dazu kommt, dass für kaum einen der 12 000 Befragten ein Arbeitsort mit unter 5 000 Einwohnern in Frage kommt. Als Wohn- und Arbeitsort haben mittelgroße Städte sowie die Großstädte nach Meinung der Studenten deutliche Pluspunkte.

Die Studie zeigt auch deutlich auf, was getan werden kann, um eine Niederlassung in ländlicheren Gebieten attraktiver zu machen: Als sehr wichtig wird von 58 Prozent der Befragten ein geringerer bürokratischer Aufwand vor der Praxiseröffnung betrachtet. Auf den Plätzen danach folgen mehr finanzielle Anreize für eine Niederlassung und eine Besserstellung für Praxen in wirtschaftlich unattraktiven Gebieten.

Außerdem wünschen sich die Nachwuchs-Mediziner Unterstützung bei der Gründung einer Arztfamilie im ländlichen Raum - sprich: Gymnasien und ein entsprechendes soziales Umfeld. Denn Familienfreundlichkeit wird groß geschrieben: 96 Prozent wollen Privat- und Berufsleben miteinander vereinbaren können, 89 Prozent wünschen sich Kinder. Für 77 Prozent ist es wichtig, sich ihre Arbeitszeit selbstständig einteilen zu können.

Glaubt man dieser Studie, werden die Faktoren Arbeitsbelastung, Wohnort und Familienfreundlichkeit künftig das Rennen um die jungen Mediziner entscheiden. Auch wenn eine Anstellung in der Klinik in der Umfrage einer Niederlassung vorgezogen wird, scheuen viele junge Ärzte die starre Hierarchie in den Krankenhäusern und die knappe Zeit, die aufgrund der hohen Arbeitsbelastung für die Versorgung von Patienten bleibt. Außerdem schätzen sie den Klinik-Job realistisch ein, denn 61 Prozent glauben nicht, dort Beruf und Familie vereinbaren zu können.

Zur Jahresendausgabe 2010 der "Ärzte Zeitung" mit allen Artikeln

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