Viel Kritik an Lauterbachs Spargesetz

Heinrich: „Niemand kann die Rücknahme der Neupatientenregel wollen“

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz findet keine Freunde. Die einen sehen ihre Klientel in Gefahr, die anderen gleich das ganze System der Sozialversicherungen.

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Sieht die fachärztliche Grundversorgung in Gefahr. Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes und Vorsitzender des SpiFa sowie des Ärztenetzes Hamburg Billstedt/Horn.

Sieht die fachärztliche Grundversorgung in Gefahr. Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes und Vorsitzender des SpiFa sowie des Ärztenetzes Hamburg Billstedt/Horn.

© Lopata/Virchowbund

Berlin. Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) hat seine Forderung nach einer Beibehaltung der Neupatientenregelung wiederholt. „Niemand, wirklich niemand, kann die Rücknahme der TSVG-Neupatientenregelung ernsthaft wollen“, beschwor SpiFa-Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Heinrich die Abgeordneten anlässlich der Ersten Lesung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes am Freitag im Deutschen Bundestag.

Damit werde die fachärztliche Grundversorgung getroffen, gerade an sozial benachteiligten Standorten. Gesundheitsminister Lauterbach bestreite positive Effekte der Regelung und berufe sich dabei aber auf nicht offengelegte Daten aus seinem Haus, beklagte Heinrich.

Aktuelle Zahlen des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung belegten dagegen, dass Ärztinnen und Ärzte mit der Regelung bestärkt worden seien, in Praxen und Infrastruktur zu investieren. Mit der Regelung sei zudem der Anteil der Neupatienten „signifikant gestiegen“. Dabei handele es sich überwiegend auch um neu Erkrankte.

TK-Verwaltungsrat: „Zahlen ja, mitreden nein“

Der Verwaltungsrat der Techniker Krankenkasse (TK) hat sich gegen das Gesetz positioniert. Der Staat belaste damit vor allem die Beitragszahlenden. „Zahlen ja, mitreden nein“, sei die aktuelle Botschaft der Politik an die Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Es müsse faire Sätze für die Krankenversicherung von ALG-II-Bezieherinnen und –bezieher geben. Zudem bedürfe es einer Dynamisierung des Steuerzuschusses.

PKV-Verband: Steuerfinanzierung schafft Probleme

Die Strukturprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung benötigten kein „Bündel aus Einzelmaßnahmen für ein Jahr, sondern langfristig tragfähige Lösungen, betonte Florian Reuther, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung. Steuerzuschüsse insgesamt zeitigten Folgen.

Die jährlichen Bundeszuschüsse in den Sozialversicherungen drohten bis zum Jahr 2030 von aktuell 137 Milliarden Euro auf 189 Milliarden Euro zu steigen. Das bedeute einen Anstieg auf 45,2 Prozent der beitragspflichtigen Einkommen, sagte Reuther. Er berief sich auf ein Gutachten aus dem Umfeld von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Autoren seien die Professoren Thiess Büttner und Martin Werding.

bkk-vivida: „Defizit reißt 20 Milliarden Euro-Marke“

So, wie der Gesetzentwurf momentan aussehe, schade er den Krankenkassen und den Versicherten mehr als er nutze, sagte der Vorstandsvorsitzende der vivida bkk Siegfried Gänsler. Dass die Beitragszahler zwei Drittel des Fehlbetrages von 17 Milliarden tragen sollen, sei „absolut keine akzeptable Lösung“, sagte Gänsler am Freitag.

Es sei zudem heute schon abzusehen, dass das Defizit im kommenden Jahr tatsächlich über der Grenze von 20 Milliarden Euro liegen werde. Es sei daher unverständlich, dass die Ampel ihre im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben nicht umsetze, also die Dynamisierung des Steuerzuschusses und eine „auskömmliche“ Finanzierung der Versorgung von ALG-II-Beziehern.

VdK lehnt höheren Beitragssatz kategorisch ab

Der Verein demokratischer Ärzt*innen (vdää) schlug vor, alle Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung von 4.837.50 Euro zu belasten und nicht die Menschen, die weniger verdienten. Auch auf Kapitaleinkünfte sollten Beiträge zur Krankenversicherung erhoben werden, so der vdää.

Der Sozialverband VdK stellte sich gegen Lauterbachs Pläne. „Wir lehnen den Gesetzentwurf ab“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele, die rund zwei Millionen Mitglieder vertritt. Als Hauptgrund gibt Bentele an, dass der Kassenbeitrag um 0,3 Prozentpunkte steigen könnte. Die Versicherten müssten davon die Hälfte tragen. Der Bund müsse vor Beitragserhöhungen die Kassen von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben entlasten. (af)

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