Solidargemeinschaft

„Ich habe 100 Prozent Vertrauen“

Ines Meyer erzählt im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ wie die Mitglieder der Gemeinschaft auf die Behandlungskosten achten – und wie Ärzte reagieren, wenn Sie in die Praxis kommt.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

Ärzte Zeitung: Frau Meyer, Sie sind Mitglied in der Samaria Solidargemeinschaft. Wie reagieren Ihre Ärzte, wenn Sie ohne Gesundheitskarte in die Praxis kommen?

Ines Meyer: Wenn ich zu einem Arzt gehe, der mich kennt, weiß er natürlich auch, dass ich in der Samarita bin. Anderen muss ich aber manchmal erst erklären, was eine Solidargemeinschaft ist. Sie fühlen sich sonst überfordert, weil sie zunächst nicht sicher wissen, wie sie denn nun hinsichtlich der Abrechnung verfahren sollen.

Wenn Sie sagen, „privat abrechnen“, dann ist alles klar?

Meyer: Nicht ganz. Ich erkläre, dass ich Selbstzahlerin bin. Allerdings bitte ich meine Ärzte direkt darum, nur den 1,9-fachen-, maximal den 2,3-fachen Satz abzurechnen. Schließlich sind wir eine Solidargemeinschaft. Wir achten selber mit darauf, dass die Behandlung nicht zu teuer wird und damit die anderen Gemeinschaftsmitglieder über Gebühr belastet.

Ines Meyer ist Mitglieder einer Solidargemeinschaft.

© Christian Beneker

Werden Ihre Ärzte dann nicht verärgert?

Meyer: Nein, eigentlich nicht. Allerdings hat es mich zu Anfang einige Überwindung gekostet, den Abrechnungssatz zu verhandeln. Manche Ärzte stutzten dann tatsächlich. Aber ein Orthopäde war auch mal ganz interessiert: Solidargemeinschaft? Was ist das denn?

Und eine Gynäkologin war etwas ungehalten von meiner Bitte. Sie rechne sowieso nur maximal den 2,3-fachen Satz ab. Nur mein Hausarzt ist eine Ausnahme. Kein Wunder, er ist selbst in der Samarita.

Warum sind Sie in eine Solidargemeinschaft eingetreten?

Meyer: Ich bin Landwirtin und war früher stets Zwangsmitglied in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse. Als mein Mann und ich 2006 dann eine Molkerei und Käserei eröffnet haben, die als Gewerbebetrieb auf meinen Namen angemeldet wurde, konnte ich die Kasse verlassen und bin in die Solidargemeinschaft gewechselt. Denn ich war unzufrieden mit meiner Kasse, weil sie mir die Naturheilverfahren, die ich sehr schätze, nie erstattet hat.

Das ist in der Samarita mit ihren anthroposophischen Hintergrund anders. Zu ihren Prinzipien gehört unter anderem die Therapie-, beziehungsweise die Heilmittelfreiheit. Wenn ich zum Beispiel homöopathische Arzneien verschrieben bekomme, erstattet diese die Samarita.

Haben Sie immer alles erstattet bekommen?

Meyer: Im Großen und Ganzen, ja. Manchmal bekommt man aber nicht 100 Prozent zurück. Das weiß ich aber vorher, da es ja eine Zuwendungsordnung gibt. Bei bestimmten Therapien muss ich 20 Prozent selbst zahlen. Manchmal kommt es vor, dass nach der Prüfung eines Heil- und Kostenplans nachgebessert werden muss. Ein Gutachter prüft ab einem gewissen Umfang die Verhältnismäßigkeit der Kosten.

Mir ist das aber nur einmal so ergangen. Wir als Gemeinschaftsmitglieder achten außerdem ja selber darauf, dass die Kosten im Rahmen bleiben. Bevor ich eine Behandlung beanspruche und die Rechnungen einreiche, prüfe ich für mich, ob ich das Ganze verantworten kann.

Die Samarita hat rund 300 Mitglieder. Fürchten Sie nicht, dass die Beiträge der Gemeinschaft eines Tages nicht reichen könnten, wenn Sie einmal eine teure Therapie brauchen?

Meyer: Nein, überhaupt nicht. Ganz davon abgesehen, dass diese Solidargemeinschaft auf der Grundlage versicherungmathematischer Gutachten wirtschaftet, habe ich zu 100 Prozent Vertrauen in diesen Verein und seine Menschen. Ich kenne sie ja auch zum Teil persönlich. Etwa zwei Mal im Jahr treffen wir uns in der Bremer Regionalgruppe, das sind etwa 30 Menschen.

Da sprechen wir zum Beispiel immer wieder über die sieben Prinzipien, die der Idee dieser Solidargemeinschaft zugrunde liegen, oder tauschen Erfahrungen in Gesundheitsfragen aus. Die Samarita ist nicht nur eine Organisation zur Kostenerstattung, sondern eben eine Gemeinschaft, deren Mitglieder sich kennen und füreinander einstehen. Auch mich persönlich hat die Samarita schon durch schwere Krisen meiner Gesundheit getragen.

Lesen Sie dazu auch: Konkurrenz zu GKV und PKV: Solidargemeinschaft statt Krankenkasse

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