In der Bremer Kliniklandschaft knirscht es

Der kommunale Klinikverbund Gesundheit Nord will in der Hansestadt Bremen künftig mehr Leistungen erbringen. Doch den anderen Klinikträgern gefällt dieser Vorstoß gar nicht, und auch viele Praxen sind skeptisch.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Auch das Klinikum Bremen-Mitte gehört zum Klinikverbund Gesundheit Nord.

Auch das Klinikum Bremen-Mitte gehört zum Klinikverbund Gesundheit Nord.

© cben

BREMEN. Der kommunale Klinikverbund Gesundheit Nord (GeNo) in Bremen will mehr Leistungen an sich ziehen und trifft sich mit anderen Bremer Kliniken und einigen niedergelassenen Ärzten vor dem Kadi. Die AOK indessen unterstützt explizit den Wettbewerb.

Erst kürzlich musste die GeNo vor Gericht eine Niederlage einstecken. Der Verbund hatte dem Bremer St. Joseph-Stift die seit zwölf Jahren bestehende Kooperation bei der neonatologischen Versorgung gekündigt. Ärzte der GeNo übernehmen im Stift die Versorgung von Frühchen. Das Joseph-Stift erwirkte vor dem Sozialgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Kündigung.

"Der offizielle Grund der Kündigung durch die GeNo war, dass wir im Rahmen der Landes-Krankenhausplanung einen eigenen Antrag auf neonatologische Versorgung gestellt haben", sagt Torsten Jarchow, Geschäftsführer des Joseph-Stiftes, "aber wir hätten von uns aus nie gekündigt. Die Kooperation läuft sehr gut."

GeNo-Chef Dr. Diethelm Hansen sieht sich vor dem Hintergrund des derzeit in Verhandlung stehenden Bremer Krankenhausplanes von erheblichen Ansprüchen der Bremer freien Kliniken umstellt. Sie suchen die Konkurrenz zum Flaggschiff GeNo.

Das Diako in Bremen will eine neue urologische Klinik, das Josephstift eine nuklearmedizinische Station und das Rote Kreuz Krankenhaus ein Angebot der invasiven Kardiologie einrichten, so Hansen zu "Radio Bremen".

All das seien "Krankenhausangebote, die zu uns eine Konkurrenzsituation darstellen." Zugleich versucht die GeNo, teuere Kooperationsverträge mit niedergelassenen Ärzten an den GeNo-Häusern zu kündigen, um die ambulanten Leistungen in einem eigenen MVZ selber zu erbringen.

Die GeNo will ein MVZ mit mehreren Standorten auf die Beine stellen, wie aus einer Senatsvorlage hervorgeht, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt. Der Start an den jeweiligen Standorten "wird in Abhängigkeit vom Erwerb entsprechender Arztsitze getroffen werden", heißt es in der Vorlage.

Dass dieses Vorhaben nicht glatt durchzusetzen ist, zeigt ein Streit am Klinikum Links der Weser (LdW). Hier konnte die Kardiologie-Praxis am Klinikum vor Gericht erzwingen, dass ihr Vertrag mit der Klinik verlängert wird und die Honorare nicht gekürzt werden.

"Die GeNo meinte, wir seien zu teuer", erklärt dazu Thomas Ciesla, Geschäftsführer der Kardiologie-Praxis am LdW. Dort ist die Trennung von den niedergelassenen Kardiologen also zunächst gescheitert.

Die KV Bremen reagierte außerordentlich verschnupft auf die Vorgänge: "Wir bedauern sehr, dass die Gesundheit Nord und ihr Geschäftsführer Dr. Diethelm Hansen offensichtlich auf Konfrontation statt auf Kooperation zu den niedergelassenen Fach- und Hausärzten setzen", teilte die KVHB mit.

Der Streit um die 116b-Ambulanzen und die aktuellen Pläne der GeNo zur Gründung von MVZ belegten den Trend zu Doppelstrukturen. "Hier werden Doppelstrukturen geschaffen, die nicht nur zu Lasten der Niedergelassenen gehen, sondern von ihnen auch mitfinanziert werden", so die KVHB.

Die freien Kliniken profitieren auf ihre Weise von der Politik der GeNo. So sind einige Fachärzte, die zuvor im Rahmen der GeNo-Häuser gearbeitet haben, ans St. Joseph-Stift in Bremen gegangen. Die Kinderkardiologie-Praxis Magraam etwa ist bereits zum 1. Januar vom Klinikum Mitte ans Joseph-Stift gewechselt.

"Aber bisher ohne nähere Kooperationspläne", wie Torsten Jarchow, Geschäftsführer des Joseph-Stiftes sagt, "Magraam ist zunächst einfach ein Mieter." Anders als die KV begrüßt die AOK die Konkurrenzsituation. "Wir wollen den Wettbewerb", betont Olaf Woggan von der AOK Bremen.

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