Innovationsfonds - eine umstrittene Idee

Politiker stehen vor dem Luxusproblem, was sie mit den Überschüssen im Gesundheitsfonds anfangen. Die DAK-Gesundheit warnt vor Verteilungspolitik, der Gesundheitsökonom Neubauer wirbt für einen Innovationsfonds.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gesundheitsfonds "besenrein" gemacht wird, steigt, je näher der Termin der Bundestagswahl rückt.

Davon geht Professor Herbert Rebscher, Vorstandschef der DAK-Gesundheit aus.

Es sei politisches Kalkül, den Überschuss von annähernd zehn Milliarden Euro in irgendeiner Art zu verteilen, sagte Rebscher bei der DAK-Gesundheit-Veranstaltung "Mit innovativen Modellen die Zukunft der Versorgung gestalten" am 16. März in München.

Dass Rücklagen nun doppelt im Gesundheitsfonds und bei den Kassen vorlägen, zeuge von dem "grotesk falschen Finanzierungssystem", das zusammen mit dem Fonds geschaffen worden sei.

Kassen hätten sich gezwungenermaßen nie zuvor so "innovationsfeindlich" verhalten wie seit 2009.

"Innovationsfonds" als Chance für neue Versorgungsmodelle

Die einfachste Lösung, um Kassen Spielraum für Versorgungsinnovationen zu geben, bestehe darin, ihnen wieder Beitragsautonomie zurückzugeben.

Professor Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG), sprach sich dafür aus, fünf Milliarden Euro aus den Überschüssen des Gesundheitsfonds in einen "Innovationsfonds" zu investieren.

Das sei eine "einmalige Chance", um neue Versorgungsmodelle zu erproben. Denn die Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Kassen umfassen keine Innovationskomponente, erinnerte er.

Rebscher dagegen lehnte diese Idee ab und verwies auf die deutlich ungünstigeren Prognosen für 2013 und 2014, die wieder Defizite für die GKV vorhersagen.

Er warb dafür, die vorhandenen Überschüsse bei den Kassen und im Fonds zu belassen. Diese gäben den Kassen die Chance, "beständig wirtschaften zu können".

Rebscher mahnte, die Debatte über Innovationen in der Versorgung nicht "technikgetrieben" zu führen. Entscheidend seien vielmehr die Bedarfe der Versicherten.

Hierbei gehe es vor allem darum, wohnortnah Unterstützungsangebote für Patienten zu organisieren, erläuterte der Kassen-Chef. "Hierfür braucht man als Kasse Größe, das ist teuer."

Flächendeckende Betreuung der Versicherten ermöglichen

Die Fusion der DAK mit der BKK-Gesundheit und der BKK Axel Springer ermögliche es der Kasse, sich für das betriebliche Gesundheitsmanagement zu öffnen und dies mit dem Anspruch auf flächendeckende Betreuung der Versicherten zu verknüpfen. In Bayern ist die Zahl der Versicherten durch die Fusionen um 76.000 auf 880.000 gewachsen.

Ministerialdirektor Michael Höhenberger aus dem bayerischen Gesundheitsministerium erinnerte daran, dass die Landesregierung Ende 2011 sechs Millionen Euro zusätzlich für die Versorgung auf dem Land bewilligt habe. Mit zwei Millionen Euro würden neue Versorgungskonzepte unterstützt.

Es sei Ziel, dass an jeder medizinischen Fakultät in Bayern ein eigener Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet werde.

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Kommentare
Dr. Zlatko Prister 22.03.201209:22 Uhr

Wir brauchen einen Innovationsschub


Die Arbeit eines Arztes besteht aus medizinischer und nichtmedizinischer Arbeit. Die nichtmedizinische Arbeit macht zwischen 40 und 60 prozent der gesamten Arbeit aus und diese läßt sich automatisieren und an heutige Computeranlagen fast vollständig delegieren.
Die medizinische und menschliche Kompetenz bleibt davon unberührt.

Der gute Arzt hat Erfahrung und ist gut organisiert.
Er braucht wesentlich weniger Zeit für ein hochwertiges Arbeitsergebnis als der rechnerisch durschnittliche Arzt aus der bütokratischen KV-Retorte.

Mit dem aktuellen System werden schlechte, langsame und schlecht organisierte ärzte gefördert.
Das war schon immer so.

Wir brauchen dringend eine ergebnisoffene Diskussion über die Effizienz und Qualität im ambulanten Sektor.
Die durschnittliche Effizienz einer KV-durchscnnittlichen (Haus)-arztpraxis landesweit ist eine nicht mehr hinzunehmende Katastrofe, die jeden Fortschritt behindert.

Die Hängemappe (Karteikarte, papiergebundene Patientenakte) ist eine Erfindung des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Sie ist leider immernoch die organisatorische Grundlage der meisten Arztpraxen in Deutschland.
Die Verpflichtung der online-Einreichung der Quartalsabrechnung ändert hier nichts.
Der nutzungsgrad von Computeranlagen in der durchschnittlichen Arztpraxis in unserem Lande ist jämmerlich niedrig geblieben.

Wir brauchen einen gewaltigen Innovationsschub.
Das Geld ist da - im Überfluß.

Worauf warten wir noch?

Dr.Univ.Zag.
Zlatko Prister
Papierlose Hausarztpraxis
keine Termine, keine Wartezeiten
Frankfurt am Main
www.prister.de
0172-6700678

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