Jeder sechste Deutsche hat den Spenderpass

Am Samstag ist Tag der Organspende: Die Bundesregierung will die Spendebereitschaft jetzt stärken. Wichtigster Ansprechpartner ist für die Deutschen der Arzt.

Von Bülent Erdogan Veröffentlicht:

BERLIN. Experten, Mediziner und Politiker waren gleichermaßen besorgt: Um acht Prozent ging die Zahl der Organspenden im vergangenen Jahr zurück - und das bei einer ohnehin kritischen Ausgangslage.

Die Entwicklung in den ersten Monaten dieses Jahres nehmen die Experten, Mediziner und Politiker daher als Anlass zur Hoffnung: Im ersten Quartal lag die Zahl der Spender mit 425 wieder deutlich über jener aus dem Zeitraum 2008 (382). Doch reicht diese Entwicklung noch immer bei weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Bundesweit warten derzeit nämlich etwa 12 000 Patienten auf eine lebensrettende Transplantation. Täglich sterben drei Menschen, weil es nicht genug Spenderorgane gibt. Auf eine Niere müssen Patienten im Schnitt fünf bis sechs Jahre warten, auf ein Herz oder eine Leber ein bis zwei Jahre.

Pünktlich zum Tag der Organspende am Samstag hat die Bundesregierung deshalb die Kampagne "Deutschland kann mehr" aufgelegt. Seit 27 Jahren ist der erste Samstag im Juni der Organspende gewidmet. Auf 1,5 Millionen Euro hat die Bundesregierung die Mittel für die Organspendeaufklärung durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufgestockt. Große Sprünge sind damit aber nicht drin.

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Rolf Schwanitz (SPD), hat als kurzfristiges Ziel der Kampagne denn auch vorerst nur die Rückkehr zum Organspendeniveau von 2007 ausgegeben: Damals wurden laut Deutscher Stiftung Organtransplantation 4140 Organe postmortal gespendet, 2008 waren es nach vorläufigen Zahlen 3945. Nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage von TNS Healthcare im Auftrag der BZgA ist das Potenzial für einen deutlichen Anstieg der Organspendezahlen eigentlich vorhanden: 67 Prozent der insgesamt 4001 befragten Bundesbürger können sich demnach vorstellen, nach ihrem Tod Organe zu spenden.

95 Prozent der Interviewten wissen, dass es Organspendeausweise gibt. Allerdings hatten 2008 nur 17 Prozent der Deutschen auch einen Pass. Dass es 2001 sogar nur zwölf Prozent waren, ist für die Bundesregierung immerhin ein positives Zeichen und Bestätigung für die in Deutschland gültige erweiterte Zustimmungslösung. An ihr soll laut Staatssekretär Schwanitz auch weiterhin nicht gerüttelt werden. Wohl aber am weiter vorhandenen Unbehagen vieler Bürger, sich mit dem Thema überhaupt zu beschäftigen.

Hauptmotiv für die Entscheidung zu einer Organspende ist für die Deutschen mit 98 Prozent Zustimmung das Motiv, anderen zu helfen, und mit 94 Prozent Zustimmung die Hoffnung, dass andere ihnen selbst durch eine Spende im Fall der Fälle ein Überleben ermöglichen. Für 69 Prozent der Befragten kommt ein Organspendeausweis infrage, um die Angehörigen nicht mit der Frage zu belasten. Immerhin 41 Prozent haben in ihrem Lebensumfeld jemanden, dem ein Organ gespendet wurde oder der eines braucht.

Wichtigster Ansprechpartner beim Thema Organspende ist für die Deutschen der Arzt. 59 Prozent der Befragten würden sich an ihn wenden, um über das Thema zu sprechen. Mit Abstand folgen Partner, Familie und Freunde.

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