Jeder zweite Misshandlungsverdacht bestätigt sich

HAMBURG (di). Frühes Eingreifen von Ärzten bei Verdacht auf Kindesmisshandlung zahlt sich aus: Das Kinder-Kompetenzzentrum am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat eine Studie über vernachlässigte und misshandelte Kinder vorgelegt. Danach bestätigt sich mindestens jeder zweite Verdachtsfall nach der Untersuchung.

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"Wichtig ist, dass Spuren von Gewalt, Vernachlässigung und sexuellen Übergriffen zum frühest möglichen Zeitpunkt von einer kompetenten, unabhängigen Instanz kommentiert und bewertet werden", sagte Professor Klaus Püschel. Der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am UKE rät wegen der hohen Wiederholungsgefahr von Kindesmisshandlungen den behandelnden Ärzten auch zu Nachuntersuchungen.

Das Kompetenzzentrum war 2006 von allen mit Kindern arbeitenden Kliniken des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf gegründet worden, das Institut für Rechtsmedizin koordiniert die Arbeit. In einer neuen Studie hat das Kompetenzzentrum zwischen März 2007 und Februar 2008 172 Kinder (davon 96 Mädchen) im Alter zwischen fünf Wochen und 14 Jahren untersucht.

115 Mal lautete die Eingangsdiagnose Verdacht auf körperliche Misshandlung, fünf Mal auf seelische Misshandlung, 25 Mal auf körperliche Vernachlässigung und 50 Mal auf sexuellen Missbrauch. Bei einigen Kindern lagen mehrere Verdachtsdiagnosen vor. 51 Prozent der Verdachtsfälle bestätigten sich. Weitere Ergebnisse:

  • Viele Kinder waren nicht nur von einer Gewaltart betroffen.
  • Oft sind mehrere Kinder aus einer Familie Opfer von Gewalt - Geschwisterkinder sollten also auch untersucht werden.
  • Verletzungsbild, Gesundheitszustand und Entwicklungsstand ließen sich am schonendsten für das Kind in einer interdisziplinären Untersuchung ermitteln.
  • Frühzeitiges Erkennen hilft, eine Gewaltspirale zu vermeiden.

Kinderärztin Dr. Henrike Kurth bezeichnete niedrigschwellige Angebote wie das Kinderkompetenzzentrum als wichtig, um die Zahl der Verdachtsmeldungen zu erhöhen. Sie sprach von einer "enorm großen Dunkelziffer" bei Kindesmisshandlungen.

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