Porträt

Jens Spahn – Harter Hund an Laschets Seite

Gesundheitsminister Jens Spahn will nicht CDU-Vorsitzender werden. Dafür hat er gute Gründe, will er später einmal Kanzler werden. Ein Porträt über einen „harten Hund“, der nicht nur bellt.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Jens Spahn im Rampenlicht.

Jens Spahn im Rampenlicht.

© Christophe Gateau/dpa

Berlin. Jens Spahn will nicht CDU-Chef und nicht Kanzlerkandidat werden. Einstweilen. Jetzt steht fest, dass der Bundesgesundheitsminister mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet als Tandem für die neue CDU-Spitze antreten wird: Laschet für das Vorsitzendenamt und möglicher Kanzlerkandidat und Spahn als sein Vize.

Alles deutet nun auf eine Kampfabstimmung beim CDU-Parteitag Ende April hin: der Konservative Friedrich Merz als Einzelkämpfer, Norbert Röttgen, der ehemalige Umweltminister und in NRW gescheiterte Ministerpräsidenten-Kandidat gemeinsam mit einer noch nicht bekannten Partnerin – und eben das Tandem Laschet-Spahn.

Kein Abschied vom Karriereziel

Der Rheinländer und der Westfale: Laschet, jovial, auf Ausgleich bedacht, europaerfahren, mitunter zaudernd. Ein Politiker, der eher für Kontinuität als Disruption an der Spitze der Union stehen würde.

Unterstützt von einem mitunter ungestümen, auf jeden Fall ehrgeizigen Jens Spahn, der die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel kritisiert und sich als moderner Konservativer positioniert und für einen starken Staat in seinen Kernaufgaben, der öffentlichen Sicherheit plädiert hat.

Zusammengenommen könnten beide das weite Spektrum der politischen Mitte abbilden.

Für Spahn ist der Schritt zurück keineswegs ein Abschied vom Karriereziel CDU- und Regierungschef. Im Gegenteil: Im Unterschied zu den anderen Kandidaten hat Spahn, der im Mai 40 wird, Zeit.

Und er weiß vor dem Hintergrund seiner letzten Bewerbung um den CDU-Vorsitz, die ihm mit gerade 15 Prozent keinen Erfolg brachte, dass er von allen Kandidaten die wohl schlechtesten Aussichten hätte und damit als endgültig gescheitert gelten könnte.

Die Allianz mit Laschet, sollte sie zu einer Kanzlerschaft des Aacheners führen, wäre für Spahn das sichere Ticket auf ein klassisches Ressort: Wirtschaft, Finanzen, Inneres oder Verteidigung. Als Gesundheitsminister ist man nicht „papabile“.

Gesundheitsressort birgt Gefahren

Das größte Risiko für Spahn wäre, eine zweite Legislaturperiode das Gesundheitsressort verantworten zu müssen, weil er dann die Folgen, Nebenwirkungen und Unwirksamkeiten all seiner Gesetzesinitiativen der laufenden Legislaturperiode ausbaden müsste.

Das vor dem Hintergrund einer Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung, deren Reserven aufgezehrt sein werden. Daran ändert auch die Tatsache wenig, dass Spahn – anders als seine Vorgänger – ein ambitioniertes Reformprogramm umsetzt und dabei auch im Interesse einer guten Performance immer wieder die Machtfrage stellt, wie etwa bei der gematik, bei der das Ministerium handstreichartig die Gesellschafter-Mehrheit übernommen hat.

Es hilft auch wenig, dass Spahns Öffentlichkeitsarbeiter bislang erfolgreich das Bild eines Gesundheitsministers als Kümmerer aufgebaut hat: der Minister im Altenheim, der Minister im Krankenhaus, der die Nöte von Pflegebedürftigen und Kranken ernst nimmt, der das Engagement von Pflegenden und Ärzten lobt, ihre Sorgen diskutiert.

Spahn in Mexiko, im Kosovo oder in Ruanda auf der Akquisition von Pflegekräften für Deutschland. Ein Tatenmensch, der keine Mühen scheut. Mühen, die sich in Bilder umsetzen lassen.

Energie, Ehrgeiz und keine Konfliktscheu

Doch der Alltag eines Gesundheitsministers ist grau und entspricht nicht weithin verbreiteten Glauben an die Möglichkeiten, die dieses Amt realiter bietet. Fast alles, was Spahn ins Gesetz schreibt und der Bundestag verabschiedet, entfaltet keine unmittelbare Wirksamkeit.

Geld für Pflegeberufe ist da, nur die Menschen nicht, die für dieses Geld arbeiten sollen. Neue Leistungen für Patienten: kann der Minister initiieren, das letzte Machtwort wird im Gemeinsamen Bundesausschuss und im Bewertungsausschuss gesprochen. Moderne Klinikstrukturen hängen ab von der Investitionsbereitschaft und –fähigkeit der Länder.

Oder die Reform der Notfallversorgung: Wenn das Gesetz wohl im Sommer verabschiedet wird, dauert es noch mindestens zwei Jahre, bis es durch die Mühlen der Selbstverwaltung gedreht worden ist und beginnt, Realität zu werden.

Spahn hat im Gesundheitsressort wie keiner seiner Vorgänger Energie und Ehrgeiz investiert, Mitarbeiter und Selbstverwaltung unter Druck gesetzt und dabei keinen Konflikt gescheut. Sein offenes Ohr für alle ist sprichwörtlich. Das findet hohe Anerkennung – aber es ist keine Garantie für den Erfolg.

Ein „harter Hund“, der nicht nur bellt

Seit seinem Start als Abgeordneter 2002 ist Spahn – mit drei Jahren Unterbrechung als Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium – professionell mit Gesundheitspolitik befasst und dürfte sich der engen Grenzen seines Ministeramtes bewusst sein. Reüssieren kann er nur in einem anderen Ministeramt.

Dafür hat er sich längst profiliert als moderner Konservativer, der präzise Vorstellungen von Bürgerrechten und –pflichten hat, der aber auch weiß, wie wichtig die Funktionstüchtigkeit staatlicher Institutionen ist.

Was bürgerliche Pflichten sind – Stichwort Solidarität – hat sich in seinen Initiativen zur Widerspruchslösung bei der Organspende (nicht durchgesetzt) und zur Impfpflicht (durchgesetzt) ausgedrückt.

Die Defizite staatlicher Administration hat er benannt: „Die deutsche Verwaltung funktioniert sehr effizient, wenn es darum geht, Steuerbescheide zuzustellen. Bei Drogendealern, die zum 20. Mal erwischt werden scheinen die Behörden aber oft ohnmächtig.“ Kommunalpolitiker heulten auf, aber vom Deutschen Richterbund kam Zuspruch.

Armin Laschet hat sich einen „harten Hund“ an seine Seite geholt. Der nicht nur bellt.

Der Autor ist nicht mit Armin Laschet verwandt.

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