Kommentar – Organspende

Jens Spahn ist am Zug

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

Doppelte Widerspruchslösung statt Entscheidungslösung? Die am Wochenende aufgeflammte Diskussion über eine Reform des Transplantationsgesetzes deutet an, dass vor der Vorlage des Entwurfs von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) heftig hinter den Kulissen gerungen wird.

Die Ärzte haben sich auf dem jüngsten Ärztetag in Erfurt pro Widerspruchslösung geoutet. Die Widerstände dagegen sind in Deutschland aber traditionell stark.

Insofern könnte die Idee des CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein mit der doppelten Widerspruchslösung den Weg bahnen. Der Gedanke: Wenn auch Hinterbliebene widersprechen dürfen, wäre wenigstens noch eine Hürde gegen Missbrauch eingebaut, falls die ökonomischen Anreize für Krankenhäuser, Organentnahmen vorzunehmen, verstärkt werden sollten.

Noch ist es allerdings lange nicht so weit – überwiegend sind die Abläufe in Krankenhäusern eher kontraproduktiv, wenn es um die Organtransplantation geht. Das ist in den vergangenen Wochen nochmals deutlich geworden. Klar ist daher, dass eine Abkehr von der Entscheidungslösung allein noch keine zusätzlichen Organe bringt.

Nur wer auch in den Kliniken die organisatorischen Voraussetzungen schafft, wird langfristig die Wartelisten auf Spenderorgane verkürzen können. Auch hier ist Jens Spahn am Zug.

Lesen Sie dazu auch: Organspende: Abgeordnete uneins über Widerspruchslösung

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Kommentare
Dr. Alexander Türstig 28.08.201811:28 Uhr

Doppelter Widerspruch

Die Würde des Menschen ist unantastbar, so steht es in Art.1 GG. Wie kann da ein Gesetzgeber einfach besitzergreifend auf die Organe eines gehirntoten Menschen (hirntot sind Tiere) zugreifen? Im übrigen liegt der Rückgang freiwilliger Spenderorgane wohl vor allem daran, dass sich die Organentnahme finanziell nicht lohnt, sie ist für Gelddruckende Klinikkonzerne unökonomisch. Wenn dann auch noch Angehörige einer Organentnahme widersprechen dürfen, bekommen Sie überhaupt keine Spenderorgane mehr. Politiker sollten die Bürger nicht entmündigen sondern aufklären und zu mehr Selbstbestimmung ermutigen, z.B. auch Sterbehilfe erlauben. Das Leben hat nicht nur einen Anfang sondern auch ein Ende.

Dr. Thomas Georg Schätzler 28.08.201808:57 Uhr

Widerspruchslösung verfassungswidrig - verstößt gegen die "informationelle Selbstbestimmung"!

Widerspruchslösungen sind und bleiben in Deutschland grundgesetzwidrig. Eine Organspende ist tatsächlich ein Akt der Hilfsbereitschaft, Solidarität und Nächstenliebe. Aber die u. U. lebensrettende Transplantation von Herz, Leber, Niere, Lunge, Gesicht, Hornhaut etc. hilft, heilt und schützt nicht vor dem späteren biologischen Tod des Empfängers. Sie gewährt nur Aufschub, ebenso wie wir das Leben potenzieller Organspender schützen müssen, auch wenn diese selbstbestimmt sterben wollen.

Die Widerspruchslösung würde unterschiedslos jeden erfassen, der vergessen hatte, zu widersprechen oder es schlicht und ergreifend nicht kann: Säuglinge, Kleinkinder, Kinder, bio-psycho-sozial Benachteiligte oder Menschen mit geringem Bildungshorizont. Das widerspricht dem verfassungsmäßigen Auftrag von Benachteiligungsverbot und Chancengleichheit.

Die Entscheidungslösung ist dagegen ehrlicher und selbstbestimmter, allen Unkenrufen zu Trotz.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Vgl. dazu auch
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/organspende-mein-koerper-ist-kein-ersatzteillager-kommentar-15755803.html

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