Verordnung auf dem Weg

Jens Spahn lockert Vorschriften für Corona-Tests

Testen, testen, testen: Der Gesundheitsminister hat per Verordnungsentwurf den Startschuss für die neue Strategie abgegeben. Bezahlen müssen die gesetzlich Versicherten.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach dem Besuch einer Berliner Pflegeeinrichtung am Mittwoch. Im Gespräch mit der Heimleitung und Pflegekräften ging es um die Coronakrise und die geplante Ausweitung von Tests.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach dem Besuch einer Berliner Pflegeeinrichtung am Mittwoch. Im Gespräch mit der Heimleitung und Pflegekräften ging es um die Coronakrise und die geplante Ausweitung von Tests.

© Kay Nietfeld / dpa

Berlin. Tests auf das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 sollen künftig auch ohne bereits aufgetretene Symptome Kassenleistung sein können. Ärzte, Krankenpfleger und weiteres Personal in Krankenhäusern sowie in Altenpflegeheimen könnten von dieser Regelung profitieren. Adressiert sind auch Menschen aus dem Umfeld von Infizierten als mögliche Glieder von Infektionsketten.

Auf die Kassen kommen Gesamtkosten in noch nicht abschätzbarer Höhe zu. Eine aktuelle Verordnung aus dem Gesundheitsministerium geht von 52,5 Millionen Euro je einer Million nicht gepoolter Tests aus, rechnet aber Einsparungen aufgrund verhinderter Infektionen gegen.

Die Neuregelung hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwochnachmittag auf den Weg gebracht.

Verordnung Punkt für Punkt

  • Ziel ist, auch Personengruppen ohne Symptome einer Infektion umfassender zu testen. Dabei handelt es sich um Gruppen, bei denen eine Infektion naheliegend erscheint oder bei denen eine hohe Gefahr besteht, dass sie selbst oder Personen in ihrem Umfeld bei einer Infektion besonders gefährden.
  • Die Kosten für vom Öffentlichen Gesundheitsdienst angeordnete und vorgenommene PCR-Tests sollen von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, auch für Personen, die nicht gesetzlich versichert sind. Antigentests können ebenfalls eingesetzt werden, Antikörpertests wegen noch bestehender wissenschaftlicher Bedenken nicht.
  • Tests im Zuge einer Krankenbehandlung fallen nicht unter diese Regelung.
  • Der ÖGD oder von ihm beauftragte Ärzte nehmen die Tests vor. Abgerechnet werden soll über die Kassenärztlichen Vereinigungen. Das Geld wird der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds entnommen.

Fleischverarbeiter im Visier

Die „Verordnung zu Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS CoV-2“ definiert Kontaktpersonen als Menschen, die mindestens 15 Minuten unmittelbar mit einer infizierten Person zusammen waren, mit ihr gesprochen hat oder anderweitig in Kontakt mit Körperflüssigkeiten gekommen ist. Mitbewohner und Pflegepersonen gelten ebenfalls als Kontakte.

Wer sich in einem Landkreis aufhält oder aufgehalten hat, in dem die Zahl der Neuinfizierten je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen auf 50 klettert, kann getestet werden, ohne Symptome zu zeigen. Ausdrücklich sind auch Unternehmen, in denen Lebensmittel verarbeitet werden, genannt. Diese Regelung macht es also auch möglich, in Unterkünften zusammenlebende Arbeitnehmer präventiv zu testen.

Schutz für Medizin- und Pflegepersonal

Um die Verbreitung des Virus weiter einzudämmen, sollen auch die Bewohner in Heimen, neu aufzunehmende Patienten in Krankenhäusern sowie die Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen getestet werden können. Vertreter der Krankenhäuser und der Altenpflege hatten im Vorfeld wöchentliche Tests gefordert. Die Verordnung sieht für die Mitarbeiter nun einen Zweiwochen-Turnus vor.

Wie hoch die Zahl der unter die Regelung fallenden Tests asymptomatischer Personen ausfallen könnte, ist unklar. Vertreter der Krankenhäuser hatten vor kurzem von einem Bedarf von 500.000 Tests in der Woche gesprochen. Vertreter von Altenpflegeverbänden nannten 800.000 Tests in der Woche. Die Vereinigung der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) bezifferten ihre Kapazitäten am Dienstag auf 846.000 Tests in der Woche.

Auf die Verordnung aus dem Gesundheitsministerium für eine erweiterte Teststrategie seien die fachärztlichen Labore vorbereitet, sagte ALM-Vorstand Evangelos Katsapoulos. Bund und Länder könnten sich auf die Vertragsärzteschaft verlassen. Es bestehe keine Notwendigkeit, Verträge mit fachfremden Unternehmen zu schließen.

Die Verordnung kann rückwirkend zum 14. Mai in Kraft treten, zu dem das Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom Bundestag beschlossen worden ist. Auslaufen soll sie spätestens am 31. März 2021.

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