Neuer Report

Junge Pflegende sehen sich oft allein gelassen

Bei Pflegebedürftigkeit in der Familie übernehmen Jugendliche oft eine Schlüsselrolle. Nun zeigt ein Report: Zwei von drei Betroffenen wünschen sich Hilfe durch Pflegedienst oder Beratungsstelle.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Traurig, mit der Situation alleingelassen, überfordert: So fühlen sich viele Jugendliche, die die Pflege eines Angehörigen übernehmen.

Traurig, mit der Situation alleingelassen, überfordert: So fühlen sich viele Jugendliche, die die Pflege eines Angehörigen übernehmen.

© Oleg Rosental/ Fotolia.com

BERLIN. Kinder und Jugendliche sind teilweise maßgeblich für die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Angehörigen verantwortlich – doch damit häufig überfordert. Das zeigt der aktuelle Report "Junge Pflegende" des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP).

Etwa 230.000 Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren sind demnach in die Betreuung und Pflege enger Familienangehöriger eingebunden, finden dabei jedoch oft keine Unterstützung. So fühlt sich fast jeder Zweite (46 Prozent) der insgesamt 1005 für die ZQP-Analyse befragten Betroffenen "etwas belastet", fünf Prozent sogar "sehr belastet".

"Extreme Herausforderung"

"Junge Pflegende sind mit der extremen Herausforderung konfrontiert, Heranwachsen, Schule oder Ausbildung und die Krankheit eines Familienmitglieds unter einen Hut zu bekommen", erklärt der Vorstandsvorsitzende des ZQP, Dr. Ralf Suhr. "Daher müssen wir für die Situation sensibel sein und darauf achten, wann Hilfe nötig wird."

In der Analyse seiner Stiftung wurden die Jugendlichen auch direkt nach gewünschten Unterstützungsangeboten gefragt: Dabei gab jeweils ein gutes Drittel an, Hilfe durch einen Pflegedienst oder eine Beratung in Anspruch nehmen zu wollen (34 Prozent bzw. 36 Prozent). 24 Prozent würden sich gerne an ein Sorgentelefon wenden.

"Die Rolle von Minderjährigen in der familialen Pflege erfährt in Deutschland zu wenig Aufmerksamkeit und führt ein Schattendasein", kritisiert Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) als Schirmherrin des Reports.

Dabei zeigt dieser, dass die pflegenden Jugendlichen oftmals in beträchtlichem Umfang Hilfe leisten: Die überwiegende Mehrheit von ihnen (90 Prozent) hilft mehrmals in der Woche, ein Drittel (33 Prozent) sogar täglich. Neben Hilfe im Alltag – etwa bei Einkäufen oder dem Zubereiten von Mahlzeiten – übernehmen sie auch originär pflegerische Tätigkeiten: 27 Prozent helfen ihrem Familienmitglied bei der Nahrungsaufnahme, bei der Einnahme von Medikamenten (16 Prozent) oder bei der Körperpflege (7 Prozent).

Der Report führt die Ergebnisse der ZQP-Befragung dabei auch mit Erfahrungsberichten aus der Praxis zusammen. So berichten etwa Gesundheitsberufe von ihrer Arbeit an der Basis, zwei junge Pflegende vermitteln einen persönlichen Einblick in die Pflegesituation ihrer Familie.

Der Report argumentiert dabei in eine ähnliche Richtung wie der jüngst in Berlin vorgestellte Suchtbericht von Marlene Mortler (CSU). Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung rückt aktuell die Kinder Betroffener in den Fokus-

Ihr Bericht geht davon aus, dass jeder siebte Jugendliche in Deutschland mit einem Elternteil zusammenlebt, der Alkohol in riskanten Mengen konsumiert. Hier müsste Aufmerksamkeit geschaffen und die epidemiologische Forschung vorangetrieben werden. (Mitarbeit jk)

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