Thüringen

Kassen und KV einig bei DMP

Der lange Streit zwischen KV und Kassen in Thüringen über DMP für chronisch Kranke ist beigelegt. Jetzt sind die Regresse vom Tisch. Dafür gelten ab Januar neue Qualitätsziele.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Blutdruckmessung: Im Thüringer KHK-DMP ist sie nicht mehr Pflicht.

Blutdruckmessung: Im Thüringer KHK-DMP ist sie nicht mehr Pflicht.

© Gina Sanders / fotolia.com

WEIMAR. Vertragsärzte in Thüringen, die an DMP teilnehmen, können aufatmen: Die Krankenkassen und die KV haben ihren Streit um Rückforderungen wegen angeblich falscher Abrechnungen in Millionenhöhe endgültig beigelegt.

Anfang kommenden Jahres dürfen die betroffenen Ärzte mit einem Brief rechnen, in dem die Kassen auf ihre Rückforderungen verzichten, sagte KV-Vize Thomas Schröter der "Ärzte Zeitung".

Allein für 2010 und 2011 hatten die Kassen bis zu fünfstellige Beträge pro Vertragsarzt zurückverlangt. Die Flut an Widersprüchen drohte zeitweilig die KV lahmzulegen.

Ein erster Kompromiss wurde bereits im Sommer erzielt, als die Kassen einen Verzicht auf Rückforderungen signalisierten, sofern im Gegenzug neue Qualitätsziele vereinbart werden - freilich unter ihrer Mitsprache. Streit hatte es zuletzt nur noch um die konkrete Definition der Qualitätsziele gegeben.

Streit um medizinisch fragwürdige Kriterien

Die Kassen wollten nach Angaben von Schröter beispielsweise bei Diabetes den Durchschnitt aller im DMP gemessenen HbA1c-Werte als Referenzwert nehmen. Beim DMP Koronare Herzkrankheiten (KHK) schlugen die Kassen den Blutdruck als Referenzkriterium vor.

Beides laut Schröter medizinisch fragwürdig. Man habe sich nun auf neue Ziele einigen können, die ab Januar 2014 in Kraft treten, so Schröter. In den nächsten Wochen werde der Vertrag offiziell unterzeichnet.

Die neuen Kriterien im Detail:

  • Bei Diabetes heißt es nun, dass der HbA1c-Wert bei mindestens zwei dokumentierten Bestimmungen pro Jahr auf dem individuellen Behandlungsziel "gehalten" werden muss. Es gehe also nicht um fest vorgegebene Zuckerwerte, sondern die Quote der gut eingestellten Patienten.
  • Bei KHK sind die Kassen schon zufrieden, wenn der Hausarzt den Patienten bei Beschwerden zum Kardiologen schickt. Je höher seine Überweisungsquote, umso besser.
  • Bei Asthma bronchiale zählt die Quote der versorgten DMP-Versicherten mit mindestens einmal jährlich dokumentierter Messung des Peakflow-Wertes.
  • Beim DMP COPD bezieht man sich auf die Quote der notfallmäßigen stationären Behandlungen der vom koordinierenden Arzt versorgten eingeschriebenen Versicherten. Die Quote ist nicht statisch, sondern entspricht dem Mittelwert aller koordinierenden Ärzte Thüringens in einem DMP.

Boni werden nach Jahresablauf nachträglich gezahlt

Interessant ist vor allem die Umstellung der Vergütung. Denn die Qualitätsboni werden nun nach Jahresablauf nachträglich gezahlt. Allerdings nur an jene 50 Prozent der Ärzte, die bei ihren Patienten Kassen übergreifend die Referenzquote des jeweiligen DMP erreicht haben. Der Rest der Ärzte geht leer aus.

Pauschalen in der DMP-Vergütung

Facharztpauschale Diabetes mellitus Typ 1: 45 Euro

Facharztpauschale Diabetes mellitus Typ 2: 35 Euro

Facharztpauschale KHK: 15 Euro

Facharztpauschale Asthma: 15 Euro

Facharztpauschale COPD: 15 Euro

Augenarztpauschale (DMP Diabetes Typ 1 und 2): 7 Euro

"Es ist immer ein bisschen wie Weihnachten. Man kann sich nur bemühen und wird hinterher belohnt", sagt Schröter. Ein Vorteil des neuen Systems: Es gebe keine Abrechnung mehr, ergo keine drohenden Rückforderungen.

Konkret erhalten Hausärzte pro Patient und Jahr eine DMP-Vergütung von 17 Euro. Dieser Betrag wird für 2014 und 2015 allerdings vorerst auf 13,50 Euro gesenkt. Ein freiwilliger Verzicht, um zumindest einen Teil der Rückforderungen der Kassen zu tilgen.

"Viele Ärzte schmerzt ein Euro, den er zurückzahlen muss mehr, als 100 Euro, die er gar nicht erst erhalten hat", erklärt Schröter.

Man dürfe das Thema jedoch nicht überbewerten. Nur 20 Prozent des gesamten DMP-Umsatzes entfielen auf die Qualitätsboni. Wirklich sinnvoll seien die Qualitätsziele zudem nicht: "Wir glauben nicht, dass die Umstellung der Qualitätsvergütung zu einer Qualitätsverbesserung führt. Aber die Kassen wollten das so, und die Ärzte wollten auf das Geld nicht verzichten."

Möglicherweise werde es in den kommenden Jahren weitere Nachjustierungen geben. Insgesamt fließen über 20 Millionen Euro extrabudgetär in die DMP.

Mit dem neuen Vertrag hat die KVT die oft als Bürokratiemaschine kritisierten Programme deutlich vereinfacht, Regressrisiken vermindert und das Volumen trotzdem halten können. In dieser Woche finden bereits die ersten DMP-Informationsveranstaltungen in der KV Thüringen statt.

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