Baden-Württemberg

Kassen wollen mehr Geld für Kliniken

Baden-Württemberg soll sich bei der Förderung von Investitionskosten der Krankenhäuser mehr anstrengen, fordern Kassen im Ländle. SPD-Gesundheitsministerin Altpeter sieht die Versäumnisse bei der früheren Landesregierung.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD).

Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD).

© Franziska Kraufmann / dpa

STUTTGART. Krankenkassen in Baden-Württemberg haben das Land aufgefordert, ihren Investitionsverpflichtungen bei Krankenhäusern nachzukommen. Das hat im Stuttgarter Sozialministerium für Verstimmung gesorgt.

Die Betriebskrankenkassen, IKK classic, Knappschaft und der Verband der Ersatzkassen haben an die Landesregierung appelliert, den Stau von über einer Milliarde Euro bei der Förderung von Investitionskosten abzubauen.

Viele Krankenhäuser versuchten, die Unterfinanzierung durch steigende Behandlungszahlen auszugleichen. Die so erzielten Mehrerlöse würden aber in Bauprojekte und Instandhaltung investiert, nicht aber in die Patientenversorgung, heißt es in einem Positionspapier der sogenannten Arbeitsgemeinschaft B52-Verbändekooperation in Baden-Württemberg.

"Schwarz-Gelb ist für den Stau verantwortlich"

Im vergangenen Jahr hätten die Investitionskosten nur noch 4,6 Prozent der Einnahmen der Krankenhäuser ausgemacht, mehr als 95 Prozent haben dagegen die Krankenkassen gezahlt, heißt es in dem Papier. Landessozialministerin Katrin Altpeter (SPD) wies die Kritik zurück.

Seit 2011 sei das Volumen des Krankenhausbauprogramms von 185 Millionen auf zuletzt 250 Millionen Euro gesteigert worden. Die frühere schwarz-gelbe Landesregierung sei für den Investitionsstau verantwortlich, so Altpeter. "Jahrzehntelange Versäumnisse lassen sich nicht von heute auf morgen korrigieren", erklärte sie.

Die Kassen-Arbeitsgemeinschaft verwies dagegen auf die Empfehlungen einer Expertenkommission, die bereits im Jahr 2006 eine Investitionsquote von zehn Prozent gefordert hatte.

Solange dieser Wert nicht erreicht sei, "erscheinen für Baden-Württemberg Forderungen nach einer besseren Finanzierung der Betriebskosten schwer nachvollziehbar", machen die Kassenverbände klar.

Nach ihrer Ansicht ist im Südwesten im stationären Sektor "von einer Überversorgung auszugehen". Die Kassen verweisen dazu auf den Auslastungsgrad der Betten von 77,1 Prozent (2011). Der planerische Richtwert für eine angemessene Bettennutzung liege dagegen bei 85 Prozent.

Auch das Argument der Krankenhäuser, der Südwesten weise die geringsten Krankenhausausgaben pro Einwohner aus, steche nicht. Denn gemessen an den Fallzahlen je 100.000 Einwohner würden in Baden-Württemberg Menschen seltener stationär behandelt als andernorts. Die sogenannte Krankenhaushäufigkeit beträgt im Südwesten 19,1, im Bundesschnitt 22,4 Prozent.

Vollständige Bezahlung nur bei guter Qualität

Die Kassen sprechen sich dafür aus, die Krankenhausplanung nicht allein über Bettenzahlen vorzunehmen, sondern ergänzend durch Struktur- und Qualitätsanforderungen zu flankieren. Künftig sollten nur noch jene Krankenhäuser "mit guter Behandlungsqualität Anspruch auf eine vollständige Vergütung haben".

Hierfür müssten neue Qualitätsindikatoren gefunden und die bisherigen Indikatoren weiterentwickelt werden, heißt es. Dazu sollte neben der medizinischen Qualität auch die Pflegequalität verstärkt messbar gemacht werden. Bisher ist in der externen Qualitätssicherung in der Pflege nur ein Qualitätsindikator zur Dekubitusprophylaxe vorgesehen.

Daneben fordern die Kassenverbände, die Qualitätsmessung nicht an der sektoralen Versorgungsgrenze Halt machen zu lassen, sondern auch die ambulante Versorgung stärker einzubeziehen. So sollte beispielsweise das Entlassmanagement stärker mit den ambulanten Versorgungsangeboten verzahnt werden, heißt es.

Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) unterstützte die Forderung der Kassen, die Investitionskosten zu erhöhen: Zwar gebe es erste positive Schritte zur Aufstockung der Finanzierung, dennoch brauche es "weitere mutige Schritte", um den bestehenden Investitionsstau abzubauen.

Nach Ansicht der BWKG arbeiten die Krankenhäuser im Südwesten schon jetzt effizient. Mit 782 Euro Krankenhauskosten je Einwohner weise Baden-Württemberg bundesweit die mit Abstand niedrigsten Kosten auf.

Im Bundesdurchschnitt müssten je Einwohner 100 Euro mehr für die Krankenhausversorgung aufgewendet werden. Bei elf Millionen Einwohnern ergebe sich auf dieser Basis ein "Spareffekt" der Krankenhäuser von über einer Milliarde Euro pro Jahr, so die Rechnung des BWKG.

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