Spahn

Kein Fieber messen am Flughafen wegen Coronavirus

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn baut auf eine europäische Zusammenarbeit, um das neuartige Coronavirus einzudämmen. „Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht“, warnt er.

Madlen SchäferVon Madlen Schäfer und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn strebt eine europäische Zusammenarbeit bei der Eindämmung des neuartigen Coronavirus an.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn strebt eine europäische Zusammenarbeit bei der Eindämmung des neuartigen Coronavirus an.

© Anno Fricke

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat zu weiterer Aufmerksamkeit im Kampf gegen das neue Corona-Virus aufgerufen, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nun Sars-CoV-2 getauft wurde.

„Stand heute lässt sich nicht absehen, ob aus einer Epidemie in China eine Pandemie wird“, sagte der Minister nach einer Anhörung im Gesundheitsausschuss am Mittag.

Man müsse davon ausgehen, dass tausende Fälle in China nicht erkannt würden. „Die Statistik steht auf schwachen Füßen“, sagte Spahn.

„Wir sind wachsam, wir sind aufmerksam, wir sind gut vorbereitet“, sagte Spahn auch am Nachmittag in einer aktuellen Stunde im Bundestag. Beantragt hatten dies CDU/CSU und SPD. Dort verwies er auch auf das Robert Koch-Institut, dass die Gefahr für Deutschland weiterhin als gering einstufe.

„Wir informieren immer über den aktuellen Stand“, mahnte Spahn im Bundestagsplenum. Spekulationen zum Virus könnten nur mit entsprechender Aufklärung bekämpft werden.

Europa soll gemeinsam handeln

„Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht“, betonte der Minister nach der Ausschusssitzung. Auch in Deutschland sei nicht auszuschließen, dass sich weitere Menschen infizierten. Aktuell sind 16 Fälle hierzulande bestätigt.

Spahn strebt eine europäische Zusammenarbeit bei der Eindämmung des Virus an. Es ergebe wenig Sinn, wenn auf Flughäfen in Deutschland andere Regeln gälten als auf den Flughäfen in den umliegenden Ländern.

Am Donnerstag wird sich Spahn dazu mit seinen europäischen Gesundheitsministerkollegen kurzschließen. Er plädierte dafür, dass die Europäische Union reguläre Haushaltsmittel für den Kampf gegen das Virus freigeben solle.

Spahn betonte im Bundestag aber auch, dass das Corona-Virus nicht an der Grenze haltmache. Deshalb sollen auch Nicht-EU-Länder wie Großbritannien, Norwegen oder die Schweiz in die Präventionsstrategie eingebunden werden.

Keine Einreisesperre

Einer Einreisesperre für Reisende aus China erteilte Spahn am Mittwoch vorerst eine Absage. Zuvor hatten USA, Australien, Neuseeland, Vietnam, die Philippinen, Südkorea, Indonesien, Japan und Israel Einreiseverbote erteilt.

In Deutschland gelte weiter, dass alle Piloten beim Anflug den Tower über den Status der Passagiere informieren müssten. Zudem müssten die Passagiere Aussteigekarten ausfüllen und ihren Aufenthaltsort für die nächsten 30 Tage angeben. Die Fluggesellschaften müssten die Sitzpläne der Maschinen aufbewahren.

Eines will Spahn auf keinen Fall: „Fiebermessen am Flughafen bringt nichts!“ warnte der Minister. Die in Deutschland aufgetretenen Infektionen wären damit nicht erkannt worden. Außerdem könnten Infizierte auch kein Fieber haben.

Kritik an fehlenden Infektiologen

Aus der Opposition kam derweil Kritik. Professor Andrew Ullmann, selbst Infektiologe und Obmann der FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss, bemängelte in der aktuellen Stunde, dass es keine flächendeckende Versorgung durch einen Facharzt für Infektiologie gebe.

Zusätzlich sollte das Thema globale Sicherheit in jedem Ministerium verankert werden. Ullmann kritisierte auch, dass China weiterhin wichtige Daten zum Corona-Virus geheim halte.

„Es gibt nicht einen einzigen Obduktionsbericht aus China“, kritisierte auch Rudolf Henke (CDU/CSU).

Mögliche Engpässe von Medikamenten wie Antibiotika, die größtenteils aus China importiert würden, stellen nun ein großes Problem dar, erklärte Martina Stamm-Fibich (SPD): „Sie demonstriert uns unsere einseitige Abhängigkeit.“

Impfstoff wohl nicht vor Ende des Jahres

„Wir wollen rasch einen Impfstoff entwickeln, um den Menschen eine zuverlässige Prävention anbieten zu können“, erklärte Thomas Rachel, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Notwendig seien aber ebenso Medikamente und andere therapeutische Verfahren, um Infizierten zu helfen. „In enger Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation will CEPI einen ersten Impfstoff binnen 16 Wochen in die klinische Prüfung bringen“, sagte Rachel.

Dennoch sei ein wirksamer Impfstoff wohl nicht vor Ende des Jahres verfügbar.

Spahn hält sich Optionen offen

Die politischen Verwerfungen in der Union, der Abgang der Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer auf Raten, beschäftigten die Medien ebenfalls.

Auf Fragen, ob er den CDU-Vorsitz anstrebe oder Kanzler werden wolle, antwortete Spahn am Mittwochmittag ausweichend. Seine Arbeit der letzten 18 Monate zeige, dass er bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, sagte der 39-Jährige.

Das werde er auch weiterhin tun. In welcher Konstellation das geschehe, sei offen. Alle Beteiligten, auch die Medien sollten sich ein paar Tage Zeit zur Reflexion nehmen.

Lesen Sie dazu auch:

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zum Umgang mit SARS-CoV-2

Hü und hott

„ÄrzteTag“-Podcast

COVID-19-Verdacht? Besuchsdienst oder Testzentrum anrufen!

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neurologen-Kongress

Post-COVID-Therapie: Von der Forschung in die Praxis

Exklusiv bvitg schreibt ans BMG

Verzögert sich die Einführung der elektronischen Patientenakte jetzt doch?

Lesetipps
Bundesgesundheitsminister Lauterbach blick betroffen drein.

© picture alliance / imageBROKER / Arnulf Hettrich

Nach dem Crash

Ampel-Aus: Gesundheitsreformen stehen auf der Kippe

Ein KI-Bild eines verstopften Hirngefäßes.

© © freshidea / stock.adobe.com

DGN-Kongress

Schlaganfall: Wandel in der Lysetherapie