Leichenschau

Krankenhaus testet seit März neues Verfahren

Die über Jahre unentdeckten Morde des ehemaligen Krankenpflegers Niels H. haben in Niedersachsen den Anstoß für eine Neuregelung der Leichenschau gegeben. Jetzt liegen erste Erfahrungen aus einer Klinik in Delmenhorst vor.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

DELMENHORST. Seit dem 1. März testet das Josef-Hospital im niedersächsischen Delmenhorst die Einführung der qualifizierten Leichenschau. Täglich kommt ein externer Rechtsmediziner aus Bremen und nimmt bei allen im Klinikum mit natürlicher Todesursache Verstorbenen eine qualifizierte Leichenschau vor. Seither wurden mehr als 80 Tote unter die Lupe genommen. Nach Angaben des Krankenhauses stellten die Rechtsmediziner keine Unregelmäßigkeiten fest.

Professor Michael Birkholz, Leiter des Beweisärztlichen Dienstes in Verden und Professor Michael Klintschar, Direktor der Rechtsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), haben eine entsprechende Verfahrensanweisung erstellt, die den genauen Ablauf der qualifizierten Leichenschau regelt.

Genehmigt im zweiten Anlauf

So stellt ein Krankenhausarzt den Tod fest und stellt den Totenschein aus. Bei unnatürlicher Todesursache benachrichtigt er Staatsanwaltschaft und Polizei, bei natürlichen Todesursache prüft ein Rechtsmediziner in einem zweiten Schritt ihre Plausibilität.

Das Projekt ist bereits der zweite Anlauf. Der erste im August 2015 scheiterte an einer Bestimmung des Bestattungsgesetzes. Danach muss die Todesfeststellung von derselben Person vorgenommen, die auch den Totenschein ausstellt. In Delmenhorst hatte man dazu zwei Personen vorgesehen. Die neue Plausibilitätsprüfung umschifft nun diese Klippe. Mit der Initiative will das Krankenhaus "ein Höchstmaß an Sicherheit" für die Patienten schaffen und "verhindern, dass ein unnatürlicher Tod in Folge krimineller Handlungen unentdeckt bleibt. "Die erfolgreiche Einführung der qualifizierten Leichenschau im Josef-Hospital Delmenhorst ist ein Projekt mit bundesweiter Vorbildfunktion und eine Antwort auf die Herausforderungen, die sich durch die zwischen 2002 und 2005 stattgefundenen Vorfälle um Niels H. ergeben haben", so Birkholz.

Land will Leichenschau neu regeln

Unterdessen liegt ein Kabinettsentwurf der niedersächsischen Landesregierung vor, der die Leichenschau im Land neu regelt. Anders als in Bremen sollen nicht alle Verstorbenen einer qualifizierten Leichenschau unterzogen werden. Ärzte sollen aber künftig immer dann den Staatsanwalt und die Polizei benachrichtigen, wenn sie bei einem Toten den Verdacht auf eine nicht natürliche Todesursache haben, etwa durch Unfälle, Suizide, medizinische Fehlbehandlung oder gar mögliche Verbrechen. Im Zweifel soll auch eine innere Leichenschau vorgenommen werden können – vorausgesetzt, die Angehörigen willigen ein. Bei Kindern unter sechs Jahren kann eine Leichenschau auch ohne Einwilligung der Eltern vorgenommen werden.

Hintergrund der Neuregelung ist der Fall des Krankenpflegers Niels H.. Er hat auf der Intensivstation des Delmenhorster Krankenhauses, das damals noch Klinikum Delmenhorst hieß, über Jahre hinweg Patienten getötet – über 30 Tötungen hat er zugegeben. H. ist inzwischen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Ermittlungen wegen eventueller weiterer Morde, auch im Klinikum Oldenburg, laufen noch.

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