Kritik an DMP-Auswertung durch die Kassen

Diabetiker verursachen immer höhere Kosten. Wissenschaftler kritisieren, dass die DMP-Evaluation fast ausschließlich von den Kassen selbst vorgenommen wird.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:

HOHENKAMMER. Die direkten Kosten für die Behandlung von Patienten mit Diabetes steigen in Deutschland immer weiter. Allein zwischen 2000 und 2007 sind die durch Diabetes bedingten Ausgaben der Kassen um rund 50 Prozent auf mehr als 19 Milliarden Euro gestiegen.

Grund für die Zunahme ist im Wesentlichen die steigende Zahl von Menschen mit Diabetes, berichtete Professor Hans Hauner von der TU München bei einer Fachkonferenz von Roche Diagnostics auf Schloss Hohenkammer bei München.

Zahl der Patienten auf mehr als sieben Millionen erhöht

Während die durchschnittlichen Behandlungskosten in diesem Zeitraum nur um 8,5 Prozent gestiegen sind, habe sich die Zahl der Patienten um 37 Prozent auf mehr als sieben Millionen erhöht, berichtete der Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der TU München.

Besorgniserregend sei dabei die Kostenentwicklung bei den Begleiterkrankungen und Komplikationen des Diabetes. So verursachen nach einer Versichertenstichprobe der AOK Hessen aus dem Jahr 2001 etwa 15 Prozent der offenbar schlecht eingestellten Diabetiker rund 60 Prozent der Kosten, berichtete Hauner.

An den DMPs der Kassen nehmen nur etwa die Hälfte der Patienten mit Diabetes Typ 2 teil. Über den Erfolg der Programme könne man jedoch nur wenig sagen. Erste Auswertungen der DMP-Daten seien bisher nur "bruchstückhaft" erfolgt, kritisierte Hauner. Eine systematische Darstellung der Behandlungsergebnisse gebe es bislang noch nicht.

Qualität der Daten wird nicht hinterfragt

Problematisch sei auch, dass die Evaluation der DMPs nahezu ausschließlich von den Krankenkassen selbst vorgenommen wird. Die Qualität der Daten werde nicht hinterfragt und die Berichte zeichneten sich in der Regel durch "wenig fachliche Expertise" aus. "Die Berichte sind in dieser Form weitgehend nutzlos", erklärte Hauner.

Insgesamt habe sich die Behandlung von Patienten mit Diabetes in den vergangenen Jahren zwar verbessert, räumte Hauner ein. Hinsichtlich der Herzinfarkt-Inzidenz bei Diabetikern habe es jedoch kaum Veränderungen gegeben: Nach den Daten aus dem Augsburger Monica/Kora-Projekt wurde bei Frauen mit Diabetes zwischen 1985 und 2006 zumindest kein Rückgang der Herzinfarkt-Inzidenz festgestellt. Bei Männern kam es im gleichen Zeitraum sogar zu einem Anstieg der Herzinfarktrate, berichtete Hauner.

Mehr zum Thema

Wenige Genehmigungen entzogen

KBV veröffentlicht Qualitätsbericht für 2022

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen