"Kultur des Hinschauens" im Norden

Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Dr. Gitta Trauernicht mit dem Meldeschein für die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen.
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KIEL (di). Die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder wird in Schleswig-Holstein ab April kontrolliert. Kinder- und Jugendärzte sind eingebunden, indem sie ihre Praxisbesucher an den zuständigen Kreis melden.
Das kontrollierende Einladungs- und Meldewesen im Norden zielt auf Eltern, die ihre Kinder nicht zu den Früherkennungsuntersuchungen schicken. Es ist eingebunden in ein Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes. Gesundheitsministerin Dr. Gitta Trauernicht verspricht sich davon eine "Kultur des Hinschauens."
Das neue Verfahren sieht vor, dass künftig Eltern zu jeder anstehenden Früherkennung ihres Nachwuchses in einer bestimmten Frist eingeladen werden. In dem Schreiben wird auf die Bedeutung der kinderärztlichen Untersuchung für die Gesundheit und Entwicklung des Kindes verwiesen. Mitgeschickt wird auch ein Meldeschein, den die Eltern in den Praxen vorlegen müssen. Ein mit einem Barcode versehener Abschnitt dieses Scheins wird in den Praxen abgetrennt, gestempelt und gebührenfrei an das Landesamt für soziale Dienste geschickt. Damit werden alle Teilnehmer erfasst.
Trauernicht erwartet, dass das Landesamt in der zweiten Stufe rund 8000 Erinnerungsschreiben an die Eltern schicken muss. Davon, so schätzt Trauernicht, werden 2000 pro Jahr nicht reagieren. Die Adressen dieser Eltern werden an die Jugend- und Gesundheitsämter in den Kreisen weitergegeben. Welche Maßnahmen diese einleiten, bleibt den Kreisen überlassen. Sie haben die Möglichkeit, auf verschiedene Programme zur Stärkung des Kinderschutzes zurückzugreifen. Im Extremfall kann bei erkannter Vernachlässigung ein Kind gegen den Elternwillen in Obhut genommen werden.
Zu dieser Maßnahme haben die Kreise im Norden zuletzt besonders bei Kindern bis zu drei Jahren zunehmend gegriffen - in 2006 90 Mal, das war eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. Möglich ist dies nur, wenn die Behörden eine Gefahr für Leib und Leben des Kindes vermuten. Um solche Kinder noch früher zu schützen, zielt das neue Gesetz auch auf eine engere Zusammenarbeit von Jugendhilfe, Schule, Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten ab.