Generalistik

Laumann macht Druck

Staatssekretär Karl-Josef Laumann will ein Scheitern des Pflegeberufegesetzes verhindern. Schon Anfang März soll die neue Ausbildungsverordnung vorliegen. NRW-Ministerin Steffens gibt Kontra: Die Reform sei verfassungswidrig.

Veröffentlicht:

BERLIN. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), hat angesichts massiver Kritik die Zusammenlegung der Pflegausbildung verteidigt. "Generalistik jetzt!" heißt der Aufruf, der am Donnerstag gestartet wurde und der von 35 Pflegeverbänden und -institutionen unterstützt wird.

Bei der Vorstellung brachte Laumann wiederholt seine Verwunderung über den Gegenwind zum Ausdruck, der auch aus den eigenen Koalitionsreihen gegen das Gesetzesvorhaben bläst.

Ziel des Pflegeberufegesetzes sei nicht die Herabwertung der Krankenpflege, sondern die Aufwertung der Altenpflege. Das werde langfristig auch zu gleichwertiger tariflicher Entlohnung führen, zeigte sich Laumann überzeugt.

Bislang würden Altenpfleger 25 Prozent schlechter bezahlt als ihre Kollegen in der Krankenpflege. "Man kann schon denken, dass die Leute, die keine Generalistik wollen, das beibehalten wollen."

Überhaupt gelte es momentan wachsam zu sein, weil die Gegner des Gesetzes versuchten, auf die einzelnen Bundestagsabgeordneten Einfluss zu nehmen. Manche wollten sicher auch keine Emanzipation der Pflege, um die Machtverhältnisse in der Gesundheitspolitik nicht zu verschieben, vermutetLaumann.

Von den Erfahrungen der Berliner Wannsee-Schule, die seit 2009 einem generalistischen Ausbildungsmodell folgt, berichtete deren Leiterin Christine Vogler. Seit zwei Jahren wird dort beobachtet, wohin die Schüler nach der Ausbildung gehen. Ein großer Teil arbeite zunächst in den Kliniken.

"Nach ein oder zwei Jahren wechseln die Pfleger aber oft in andere Bereiche, etwa 25 Prozent gehen in die Altenpflege", so Vogler. Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerats, bekräftigte seine Position, dass nur mit einer generalistischen Ausbildung die Pflege zukunftsfähig werde.

Die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg wiederholte ihre Kritik an dem Vorhaben - vor allem daran, dass die Ausbildungsverordnung "nun doch nicht rechtzeitig" vorgelegt werde. Dem widersprach Laumann: Die Richtlinien würden Anfang März präsentiert, damit die Gesetzesberatung ihren Lauf nehmen könne.

Gegenwind kommt aus NRW: Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) will am Freitag im Bundesrat ein juristisches Gutachten vorlegen, nach dem die geplante Reform der Pflegeberufe nicht verfassungskonform ist. Dabei geht es vor allem um die künftige Finanzierung der Pflegeausbildung über einen Fonds auf Länderebene. "

Damit werde ich versuchen, das Paket aufzuschnüren", kündigte sie an. Die Ministerin lehnt die generalistische Ausbildung ab. Sie spricht sich dafür aus, Gesundheits-, Alten- und Kinderpfleger zwei Jahre lang gemeinsam auszubilden und darauf eine einjährige Spezialisierung folgen zu lassen. (juk/iss)

Mehr zu dem Gutachten lesen Sie am

Sonntag ab 18 Uhr in der App-Ausgabe.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Pflegereform: Keine Placebos, bitte!

Kommentare
Kurt-Michael Walter 03.03.201615:13 Uhr

Die Vorstellung der Kampanie "Generalstik Jetzt!": Eine Freudsche Rationalisierung?


Mit Verwunderung muss man feststellen, dass die Nerven mancher Akteure, in der laufenden Debatte um das Pflege-Berufsausbildungsgesetz, blank liegen.

Mit argumentativer Rationalisierung irrrationaler Zieldefinitionen, mit vereinfachender Ursache- und Wirkungsargumentation, mit irrationaler Verschwörungstheorie und einseitiger wissenschaftlicher Expertenmeinung, wird von den Befürwortern der "Generalistik jetzt!" Druck auf die politischen Entscheidungsträger ausgeübt.

Die Initiatoren der "Generalistik jetzt!" nutzen dabei Erfahrungsberichte aus Modellversuchen von scheinbar unabhängigen Experten als Alibi für eine scheinbar rationale Entscheidungsfindung, dass die Generalistik der einzig richtige Weg ist die aber tatsächlich auf anderem Wege zustande kam.


Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Nervenschädigungen

So diagnostizieren Sie die diabetische Neuropathie

Praxisübernahme

Wie es einer Kollegin nach dem ersten Jahr der Niederlassung geht

Kein Mythos, aber Relevanz unklar

Wird die virale Sepsis zu schnell diagnostiziert?

Lesetipps
Zwei MFA stehen nebeneinander und blicken direkt in die Kamera.

© Robert Kneschke / stock.adobe.com

Wettbewerb um MFA & Co

Mit guten Arbeitsbedingungen raus aus der Engpass-Falle bei MFA

Sie kommt relativ oft vor, wird aber oft übersehen: die kardiale autonome diabetische Neuropathie.

© Aleksandra Kuzmina / stock.adobe.com

Kardiale autonome diabetische Neuropathie

Das neuropathische Herz – ein Risiko

Eine Hand fängt 500-Euro-Geldscheine auf, die durch die Luft wirbeln.

© vegefox.com / stock.adobe.com

Vermögensforscher im Interview

Welche Eigenschaften helfen, reich zu werden