Lieferengpässe

Margot Käßmann: Mangel bei Medikamenten für Kinder ist beschämend

Die Diskussion um Lieferengpässe bei Arzneimitteln wird immer stärker in der Öffentlichkeit geführt. Das zeigen eine Äußerung der Theologin Margot Käßmanns in den Medien und eine Umfrage des BAH.

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„Hauptsache, billig“: Theologin Margot Käßmann schämt sich für Engpässe auf dem Arzneimittelmarkt. Im Bild ist sie zu sehen auf einer Friedensdemonstration in Köln. (Archivbild)

„Hauptsache, billig“: Theologin Margot Käßmann schämt sich für Engpässe auf dem Arzneimittelmarkt. Im Bild ist sie zu sehen auf einer Friedensdemonstration in Köln. (Archivbild)

© Christoph Hardt / Panama Pictures / picture alliance

Berlin. Als beschämend bezeichnet die evangelische Theologin Margot Käßmann (64) den Mangel an einigen Medikamenten für Kinder. „Grundlegende wichtige Medikamente für Kinder müssen schlicht zur Verfügung stehen“, schreibt sie in der „Bild am Sonntag“. Die dramatische Situation erfahre zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit: „Kinder haben einfach keine Lobby“, kritisiert die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Der Kostendruck bei der Herstellung von Arzneimitteln habe zu einer Verlagerung der Produktion geführt. „Hauptsache, billig“, so Käßmann. „Es müsste aber heißen: Hauptsache, unsere Kinder sind gut versorgt.“ Es sei gut, dass künftig die Produktion von Medikamenten in der EU gestärkt werden solle. „Aber es sollte schnell gehen! Denn schon fangen Familien an, Fiebersaft zu horten aus Angst vor der nächsten Erkältungswelle.“

Mehr als ein Drittel hatte bereits Probleme

Wie relevant das Problem Lieferengpässe ist, zeigt auch eine Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), die am Wochenende bekannt geworden sind. Rund ein Drittel der Menschen in Deutschland hat demnach zuletzt Probleme beim Kauf von Arzneien gehabt. 35 Prozent der Befragten haben in den vergangenen zwölf Monaten dabei Schwierigkeiten oder Knappheiten erlebt. Einer entsprechenden Frage stimmten 17 Prozent ganz und 18 Prozent eher zu.

Zum Vergleich: Bei einer ähnlichen Umfrage des Verbandes im Juni 2022 waren es in Summe erst 18 Prozent gewesen. Für die aktuelle Studie wurden gut 1000 Menschen im April repräsentativ befragt. 65 Prozent gaben an, sie hätten keine oder eher keine Schwierigkeiten erlebt.

DAV-Vorsitzender: „Katastrophale Liefersituation“

Lieferengpässe gab es zuletzt etwa bei Fiebersäften für Kinder, aber auch bei Antibiotika, Krebsmedikamenten und Blutdrucksenkern. „Antibiotika sind lebenswichtige Arzneimittel, aber die Liefersituation ist derzeit katastrophal“, kritisierte jüngst der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Hans-Peter Hubmann.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt derzeit 483 Meldungen zu Lieferengpässen auf - bei rund 100 000 zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland. Für viele knappe Medikamente gebe es aber Alternativen, so die Behörde.

Die „übertriebene Kostendämpfungspolitik“ der vergangenen Jahre habe zu einem enormen Preisdruck insbesondere auf Hersteller patentfreier Arzneien geführt, sagte BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz. „Die Folge sind die Auslagerung der Lieferketten mit Fokus auf Asien sowie eine Ausdünnung der Anbieterstruktur im Markt, weil sich für viele Unternehmen die Produktion wirtschaftlich nicht mehr lohnt.“ (KNA/dpa)

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