Alles nur Wahlkampf?

Minderwertige Corona-Schutzmasken: Spahn wehrt sich – und erhält Rückendeckung

Wurden in der Corona-Pandemie minderwertige Schutzmasken an Obdachlose und Menschen mit Behinderung verteilt? Gesundheitsminister Spahn weist entsprechende Vorwürfe zurück. Und erhält Rückendeckung von Gesundheitspolitikern aus seiner Partei.

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Auch jene Masken, um die es gehe, seien nachweislich geprüft worden. Sie hätten zwar keine EU-Zertifizierung, seien aber beim Infektionsschutz sicher, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag.

Auch jene Masken, um die es gehe, seien nachweislich geprüft worden. Sie hätten zwar keine EU-Zertifizierung, seien aber beim Infektionsschutz sicher, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag.

© Jens Krick / Flashpic / picture alliance

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Vorwürfe aus SPD und Opposition um angeblich minderwertige Corona-Masken für Menschen mit Behinderung und Obdachlose erneut scharf zurückgewiesen. „Es war übrigens eine Idee des Arbeitsministeriums selbst, mit einem Sonderkontingent an Obdachlose und Eingliederungshilfe Masken zu verteilen“, sagte Spahn am Montag in Berlin vor Beratungen der CDU-Spitze, die teils in Präsenz und teils wegen der Corona-Pandemie online organisiert worden waren.

Entscheidend sei, dass es bei allem, was die Regierung tue, um Masken gehe, die sicher seien und den Infektionsschutz gewährleisteten, sagte Spahn. Genau darauf hin seien alle Masken, die verteilt worden seien, geprüft worden. Es seien im vergangenen Jahr Millionen von Masken gleichen Typs auch durch die Länder verteilt worden und hätten Schutz geboten. Auch jene Masken, um die es gehe, seien nachweislich geprüft worden. Sie hätten zwar keine EU-Zertifizierung, seien aber beim Infektionsschutz sicher – „und das ist das Entscheidende“.

„Schnelle Hilfe stand im Vordergrund“

Auf die Frage, ob es auch ein Vorschlag des Arbeitsministeriums gewesen sei, nicht zertifizierte Masken zu verteilen, sagte Spahn, Millionen von Masken seien Krankenhäusern, Ärzten und der Pflege zur Verfügung gestellt worden. Als dort dann genügend Masken zur Verfügung gestanden hätten, habe man dies erweitern können auf Kommunen und Landkreise – und auch auf Einrichtungen der Eingliederungs- und der Obdachlosenhilfe. „Als die Idee aufkam, haben wir natürlich gesagt: Klar, sofort und gerne.“ Dann habe man „miteinander geschaut, welche Masken dafür in Frage kommen. Und das waren eben aus unserer Sicht auch diese Masken, die den Infektionsschutz gewährleisten.“

Man habe sich darauf geeinigt, diese Masken nochmals zusätzlich auf bestimmte Arbeitsschutzaspekte zu überprüfen, sagte Spahn weiter. Es habe sich aber herausgestellt, dass dies Monate dauern würde – „und uns ging es um eine schnelle Hilfe“. Deswegen habe man am Ende FFP2-Masken im Auftrag des Ministeriums in Deutschland produziert und an die Einrichtungen versandt. „Dass man miteinander einmal schaut, welche Masken wir jetzt nehmen, das miteinander diskutiert und zu einem Ergebnis führt, das halte ich für normales Regierungshandeln. Dass man das anschließend so darstellt, das muss jeder mit sich selbst ausmachen“, sagte der Minister.

„SPD will gleichzeitig Opposition und Regierung sein“

Die SPD habe eher den Ansatz, gleichzeitig Regierung und Opposition sein zu wollen, wies Spahn die SPD-Kritik zurück. Er habe den Eindruck, das sei wie beim Fußball: „Wenn man beim Auswärtsspiel schon nicht gewinnen kann, dann tritt man der heimischen Mannschaft auch noch den Platz zumindest kaputt.“ Dies scheine die Politik der SPD zu sein – „egal, wie an den Haaren herbeigezogen die Vorwürfe sind“. Die SPD nehme in Kauf, die Menschen zu verunsichern. „Das alles sagt mehr über den Zustand der SPD aus, als über die Qualität von Masken.“

Der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel bezeichnete die Vorwürfe gegen Spahn als „Wahlkampf-Munition“ für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, die am Sonntag stattgefunden hatte, „und vielleicht auch in Vorbereitung der Bundestagswahl“ im Herbst. Die SPD habe bis heute keine Belege für ihre Anschuldigungen vorgelegt, sagte Rüddel dem „Deutschlandfunk“ am Montagmorgen.

Krauß wirft SPD Foulspiel vor

Zu Beginn der Pandemie seien „spontane Entscheidungen“ getroffen worden, betonte Rüddel, der auch Vorsitzender des Bundestags-Gesundheitsausschusses ist. Damals sei es um Menschenleben gegangen. „Wir hatten keine Masken, und wir hatten Situationen, wo schnell entschieden werden musste.“

Die Masken, um die es aktuell gehe, seien von TÜV und DEKRA geprüft worden. „Verwendungsoptionen“ für obdachlose und Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung ließen sich nicht belegen. „Die SPD ist jetzt am Zug, sich entweder zu entschuldigen oder Belege zu bringen“, sagte Rüddel.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß rief die SPD auf, das „Foulspiel“ gegen Spahn einzustellen. Der Minister habe die Vorwürfe ausgeräumt – „jetzt müssen die unfairen Angriffe auf den Bundesgesundheitsminister aufhören“.

SPD hält an Rücktrittsforderung fest

Die SPD hält unterdessen ihre Rücktrittsforderung an Jens Spahn aufrecht. „Gesundheitsminister Spahn hat Medienberichten nach zu urteilen und der Darstellung aus dem Bundesarbeitsministerium ganz eindeutig im vergangenen Jahr versucht, Masken, die nicht alle notwendigen Prüfungen bestanden haben, zu verteilen an Menschen, die sich gegen diese schlechten Masken nicht wehren können, Menschen mit Behinderungen, Menschen in Obdachlosenunterkünften und andere“, sagte Parteichefin Saskia Esken am Montag in Berlin.

Esken weiter: „Wer Menschen in dieser Gesellschaft in zwei Klassen einteilt, diejenigen, die ein Anrecht haben auf korrekte Masken und welche, die auch mit nicht ganz zu 100 Prozent wirksamen Masken abgespeist werden, der hat ein Menschenbild, das passt nicht in diese Regierung. Wenn das einer unserer Minister, eine unserer Ministerinnen wäre, wir wüssten was zu tun ist. Ich appelliere an Armin Laschet, diese Frage zu bedenken.“ (dpa/hom)

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