Zwischenbericht

Missbrauch in Familien wird unterschätzt

Sexueller Kindesmissbrauch: Kommission liefert Zwischenbericht mit schockierenden Ergebnissen.

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BERLIN. Mütter in Deutschland haben sich bei sexuellem Missbrauch in Familien zu selten schützend vor ihre Kinder gestellt. Das geht aus einem ersten Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

In den vertraulichen Gesprächen berichteten Erwachsene, wie sie als Kinder oft keine oder erst spät Hilfe erfuhren. Denn Familienangehörige reagierten trotz ihres Wissens um die Übergriffe nicht. Insbesondere Mütter hätten Missbrauch als Mitwissende geduldet und ihn dadurch unterstützt, heißt es in der Studie. Täterinnen waren sie dagegen selten.

"Der Bericht gibt einen tiefen Einblick in das Versagen von Müttern", sagt Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. "Es gab Fälle, in denen Kinder ihre Mütter gefragt haben: "Weißt du überhaupt, was der Papa mit mir macht?" Und die Mütter haben dann ihre Töchter als Hure oder Schlampe beschimpft." Die Sammlung der Einzelschicksale sei erschütternd, ergänzte er. Die Untersuchung zeige aber auch, wie wenig Mütter sich bei finanziellen und emotionalen Abhängigkeiten vom Partner zu helfen wüssten.

Für den Bericht hat die Kommission bisher rund 200 Erwachsene mit Missbrauchserfahrungen angehört. 170 schickten schriftliche Berichte. Insgesamt haben sich bislang rund 1000 Betroffene bei der Kommission gemeldet, die Mehrheit wartet derzeit noch auf die Anhörung.

Die seelischen Folgen des Missbrauchs durchziehen die Lebenswege – über fehlende Schulabschlüsse, abgebrochene Ausbildungen, neuen Missbrauch – bis hin zu Suizidversuchen, hieß es. Ein Fünftel der bisher Gehörten sei durch gebrochene Erwerbsbiografien von Armut bedroht. (dpa)

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