Behandlungsfehler

Montgomery fordert Fairness

Im Umgang mit Behandlungsfehlern beklagt BÄK-Präsident Montgomery ein "Ärzte-Bashing". Er fordert die Ärzte auf, sich dagegen zu wehren.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Behandlungsfehler seien selten Verfehlungen einzelner Ärzte, ihre Ursache sei fast nie singulär. Diese Auffassung vertrat der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Frank Ulrich Montgomery, beim 3. Jahreskongress des Verbands der leitenden Krankenhausärzte (VLK) am Samstag in Berlin.

Die Chefärzte hatten die Fehlerkultur in den Kliniken zu einem der Oberthemen des Kongresses erhoben. Vertreter der Ärzteschaft, der Kassen und der Medien lieferten sich dazu einen spannenden Schlagabtausch. Fehler entstünden aus komplexen Zusammenhängen heraus, sagte Montgomery.

"Es ist kein Tabu mehr, Fehler einzugestehen. Deshalb erwarten wir eine faire Diskussion", sagte Montgomery. Er beklagte den Flurschaden, der durch "Ärzte-Bashing" entstehe, wie die AOK es zu Jahresanfang betrieben habe.

Der Bundesverband der Ortskrankenkassen hatte im Januar einen Report veröffentlicht, laut dem es 19.000 Todesfälle in deutschen Krankenhäusern pro Jahr auf Basis von Fehlern gebe.

"Handeln, nicht wegducken"

Die Fehlerstatistik des Medizinischen Dienstes der Kassen zeichnet eigentlich ein anderes Bild. Demnach befindet sich die Zahl der bestätigten Behandlungsfehler, mit und ohne Todesfolge, im Sinkflug und hat trotz zunehmenden Leistungsdrucks und fast 19 Millionen Behandlungen im Krankenhaus nicht einmal 2500 erreicht.

Montgomery forderte die Ärzte auf, sich der "Skandalisierungskultur" zu widersetzen. Es bedürfe mehr Aufklärung, zum Beispiel auch durch ein Nationales Fehlerregister, sagte Montgomery.

"Handeln, nicht wegducken", überschrieb der Vorsitzende des Verbands der Krankenhausdirektoren, Dr. Josef Düllings, seinen Vortrag. Er unterstellte der AOK eine "hidden agenda". Die Diffamierung führe zu einem Machtverlust der Krankenhäuser im System.

Düllings forderte die Politik auf, etwas gegen Defizite in den Bilanzen der Krankenhäuser zu unternehmen. "Rote Zahlen sind ein Sicherheitsproblem", sagte Düllings.

AOK-Vize Uwe Deh referierte die Hochrechnungen der Harvard Medical Practice Study, aufgrund derer die umstrittenen Zahlen hochgerechnet worden waren.

Deh forderte die Chefärzte auf, die Diskussion um vermeidbare Todesfälle in ihren Häusern selbst aufzunehmen. "Dann höre ich sofort auf, diese Diskussion zu führen", sagte Deh.

Der Wissenschaftsjournalist Dr. Werner Bartens drehte das Thema weiter. Ihm gehe es vor allem um die Fehler, die aufgrund der Ökonomisierung der Medizin begangen würden. Die Menschen würden nicht kränker, dennoch schaffe sich das Gesundheitswesen mehr Nachfrage.

Dazu zähle er das Senken von Grenzwerten und das Erfinden neuer Krankheiten, als Kombination daraus die Einführung von Prä-Erkrankungen und überhaupt nutzlose Medizin.

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