Pläne der Ampel-Koalition vorgestellt

Neues Präventions-Institut soll 2025 starten

Geht es nach dem Willen von Gesundheitsminister Lauterbach, sollen BZgA und Teile des RKI im nächsten Jahr in einem Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin aufgehen. Das Institut soll helfen, Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Wichtige Personalien sind auch schon entschieden.

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Neue Bundesbehörde im Blick (v.l.n.r.): Der neue RKI-Chef Professor Lars Schaade, Dr. Johannes Nießen vom Gesundheitsamt Köln und Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch bei der Bundespressekonferenz.

Neue Bundesbehörde im Blick (v.l.n.r.): Der neue RKI-Chef Professor Lars Schaade, Dr. Johannes Nießen vom Gesundheitsamt Köln und Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch bei der Bundespressekonferenz.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Die Tage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind gezählt. Geht es nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach, soll die Präventionsbehörde bis 2025 in einem Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) aufgehen.

Der Minister kündigte am Mittwoch an, das neue Institut solle eng mit dem Robert Koch-Institut (RKI) zusammenarbeiten, dessen Fokus künftig auf Infektionskrankheiten liegen soll. „Wir haben eine schwach ausgeprägte Vorbeugemedizin“, sagte Lauterbach am Mittwoch bei der Bundespressekonferenz.

Die Präventionslandschaft in Deutschland solle daher neu geordnet werden. Grund sind unter anderem die hohen Kosten im Gesundheitswesen, die auf einen Mangel an Primärprävention zurückgeführt werden. Die Gesetzgebung soll noch in diesem Jahr starten. 2024 soll die Transformationsphase werden, bevor das neue Institut aus der Taufe gehoben wird. Angepeilt wird der 1. Januar 2025.

FDP-Sprecher reagiert mit Skepsis

In einer ersten Reaktion warnte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Professor Andrew Ullmann vor zu viel Macht für das neue Institut. Das BIPAM dürfe kein „Besserwisserinstitut“ werden, betonte Ullmann. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte vor Ort müssten einbezogen werden, da dort die konkrete Gesundheitsvorsorge gemacht werde. Etwas wie das BIPAM sei im Koalitionsvertrag zudem so nicht verabredet. Nachgeordnete Behörden bräuchten eine „gewisse Unabhängigkeit“ von der neuen Einrichtung.

Als wichtigen Beitrag für die öffentliche Gesundheit in Deutschland ordnete der Gesundheitspolitiker der Grünen und Kinderarzt Johannes Wagner das Projekt ein. Die Vorbeugung nicht übertragbarer Krankheiten im neuen Institut zu bündeln und die Infektionskrankheiten beim RKI zu fokussieren, sei sinnvoll, so Wagner.

RKI soll sich um Infektionskrankheiten kümmern

Ab 2025 soll das Institut die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) übernehmen. Dienstsitze der Behörde sollen Berlin und Köln sein. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BZgA sollen übernommen werden, kündigte Lauterbach an. Errichtungsbeauftragter soll Dr. Johannes Nießen, Leiter des Gesundheitsamtes Köln sein.

Nießen ist zudem Mitglied des Corona-Expertenrates der Bundesregierung. Seine Amtszeit als Errichtungsbeauftragter werde mit dem 31. Dezember 2024 enden, kündigte Nießen an. Ob er danach als Leiter des BIPAM zur Verfügung steht, blieb am Mittwoch offen.

Das RKI soll sich künftig ausschließlich auf Infektionskrankheiten konzentrieren. Gesundheitsminister Lauterbach ernannte am Mittwoch den bisherigen kommissarischen Leiter des RKI, Professor Lars Schaade zum Präsidenten des Instituts. Er folgt auf Professor Lothar Wieler.

Lebenserwartung in Deutschland nicht Spitze

Ein Grund für die Neuorientierung im Bereich Public Health ist die nach Aussage Lauterbachs im europäischen Vergleich schlechtere Lebenserwartung in Deutschland. Sie liege bei 80,8 Jahren und damit nicht so hoch wie in anderen westeuropäischen Ländern.

Zudem sei keine günstige Entwicklung dieses Wertes zu beobachten. Außerdem differiere die Lebenserwartung von ärmeren und reicheren Menschen stark.

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„Es fehlt an wirksamer Vorbeugung, unser System ist zu stark auf die Behandlung bereits bestehender Krankheiten ausgerichtet“, sagte Lauterbach dazu. Dennoch gebe Deutschland mit knapp 5000 Euro je Einwohner mehr Geld für Gesundheit aus als alle anderen Länder in der Europäischen Union.

Im Schnitt wenden die EU-Mitgliedsstaaten 3.159 Euro je Einwohner für Gesundheit auf. Liechtenstein (84,4), Schweiz (83,9) Spanien (83,3) oder Frankreich (82,4) erreichen laut Statistischem Bundesamt mit dem eingesetzten Geld mehr Lebenserwartung.

Schwerpunkt Volkskrankheiten

Das neue Institut soll vor allem die Prävention von Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes fördern. Umgekehrt soll sich das RKI auf die Prävention von Infektionskrankheiten konzentrieren. Mittel zum Zweck sollen Gesundheitsdaten werden.

Lauterbach will dafür anonymisierte Gesundheitsdaten der Menschen aus elektronischen Patientenakten, aus Krankenhäusern und Arztpraxen sowie der Gesundheitsämter nutzen. Der Datenschatz soll helfen, gesundheitliche Bedarfe im Voraus identifizieren und epidemiologische Forschung zu betreiben.

Eine weitere Aufgabe des Instituts soll in diesem Zusammenhang der Aufbau eines Centers of Excellence für Modellierer im Gesundheitswesen werden. Das Institut soll überdies die Gesundheitskommunikation des Bundes übernehmen und die knapp 400 Gesundheitsämter in Deutschland untereinander vernetzen. (af)

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