Arzneimitteltherapie

Niereninsuffizienz: Oft wird die Dosis von Arzneien nicht reduziert

Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist die Dosis vieler Arzneien anzupassen. Dies wird in der ambulanten Versorgung oft vernachlässigt, so eine Studie.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Bei Niereninsuffizienz ist darauf zu achten, ob die Dosis von Medikamenten reduziert werden muss.

Bei Niereninsuffizienz ist darauf zu achten, ob die Dosis von Medikamenten reduziert werden muss.

© Özgür Donmaz / iStock / Thinkstock

OLDENBURG. Medikamente, die über die Nieren ausgeschieden werden, müssen bei Niereninsuffizienz geringer dosiert werden. Sonst ist das Risiko für schwere unerwünschte Wirkungen erhöht. Bereits 2004 ergab eine Untersuchung zu Arzneimittelverschreibung und -dosierung bei Niereninsuffizienz, dass bei 19 bis 70 Prozent der Patienten die Dosis nicht angepasst wurde, und zwar vor allem in der ambulanten Pflege.

Wissenschaftler um den Apotheker Dr. Michael Dörks vom Department für Versorgungsforschung an der Universität Oldenburg haben jetzt das Phänomen in einer Metaanalyse untersucht. Ausgewertet wurden die Literaturdatenbanken PubMed, CINAHL und Scopus. Bei den mehr als 2400 Publikationen zum Thema erfüllten 18 schließlich die Einschlusskriterien. Mit acht Studien stammten die meisten aus den USA, drei waren in Deutschland gemacht worden (J Am Geriatr Soc 2017; online 27. Februar).

Ergebnis: Die häufigsten nicht korrekt angewendeten Arzneien waren Antidiabetika, Hemmer des Renin-Angiotensin-Systems sowie Medikamente zur Senkung der Harnsäurespiegel. Als häufigste Substanzen wurden Metformin (sechs Studien), Allopurinol (sechs Studien) und Glibenclamid (Glyburid; vier Studien) genannt.

Die größten Risikofaktoren für nicht korrekte Arzneianwendung bei Niereninsuffizienz-Patienten waren fortgeschrittenes Alter und hohe Zahl verschriebener Medikamente. Das ergaben Regressionsanalysen in acht Studien. Dörks und seine Kollegen erinnern an neue Studiendaten, nach denen bei 10 und 33 Prozent der ambulant versorgten Niereninsuffizienz-Patienten die Dosis nicht richtig an die aktuelle Nierenfunktion angepasst wird. Je mehr Arzneimittel ein Patient dabei benötigte, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine falsche Arzneianwendung und speziell für eine fehlende Dosis-Anpassung.

An neun Studien hatten Patienten teilgenommen, die zwar ambulant, aber nicht in einem Alten- oder Pflegeheim versorgt wurden. Die Prävalenz der nicht korrekten Medikamentenanwendung geben die Autoren hier mit 1 bis 37 Prozent an (median: 15 Prozent). In Alten- und Pflegeheimen lag die Prävalenz in den Studien zwischen 6 und 43 Prozent. Dabei kam als Medikamentenfehler bei Niereninsuffizienz-Patienten eine fehlende Dosisanpassung häufiger vor als etwa die Verordnung einer kontraindizierten Arznei.

Allerdings: Die analysierten Studien waren sehr heterogen, sowohl bei den Teilnehmern, als auch bei den angewandten Methoden etwa zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate. Die Forscher sprechen sich daher für Standards sowohl bei der Bestimmung der Nierenfunktion als auch bei der Dosisanpassung von Arzneien aus.

Metformin bei Niereninsuffizienz

- Bei moderater chronischer Nierenerkrankung (CKD) vom Stadium 3 kann Metformin jetzt angewandt werden, so das BfArM. Die Nierenfunktion ist regelmäßig zu kontrollieren.

- Maximale Tagesdosen sind 2000 mg bei CKD-Stadium 3a (GFR 45-59 ml/min/1.73m2) und 1000 mg bei CKD-Stadium 3b (GFR 30-44 ml/min/1.73m2).

- Die Anwendung bei Patienten mit GFR <30 ml/min//1.73m2 ist nach wie vor kontraindiziert.

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Kommentare
Hartwig Raeder 05.04.201708:39 Uhr

Anmerkung

Was Sie schreiben ist richtig. Aber Sie vergessen das Gegenteil. Bei einer sehr guten Nierenfunktion muss wegen der vergrößerten renalen Elimination die Medikamentendosis erhöht werden.

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