Kinderschutz

Öffentliche Anhörung zum Tatort Familie

Rund 700 Fälle sexuellen Missbrauchs sind im vorigen Jahr dem Büro des Missbrauchsbeauftragten Rörig gemeldet worden. Der Tatort war meistens das familiäre Umfeld.

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Familien sollen Kindern Schutz bieten. Doch die allermeisten sexuellen Übergriffe ereignen sich genau dort.

Familien sollen Kindern Schutz bieten. Doch die allermeisten sexuellen Übergriffe ereignen sich genau dort.

© Yvonne Bogdanski / Fotolia

BERLIN. Sexueller Missbrauch in Familien soll stärker in den Blick genommen werden. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat dazu am Dienstag die erste öffentliche Anhörung mit Betroffenen veranstaltet. Im vorigen Jahr waren rund 590 Anmeldungen für vertrauliche Anhörungen sowie weitere 100 schriftliche Berichte von Betroffenen eingegangen. 370 Anmeldungen sowie zwei Drittel der Berichte betrafen Missbrauchserfahrungen in der Familie.

Ärzte oft erste Ansprechpartner

Niedergelassene Hausärzte sind oft die ersten Ansprechpartner außerhalb der Familie, die einen sexuellen Missbrauch entdecken könnten. "Wir Ärzte bekommen sehr viel mehr mit, als wir offenbaren", bestätigte Professor Peer Briken, Sexualwissenschaftler am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf und Mitglied der Kommission.

Auch wenn die Ärzte der Schweigepflicht unterliegen, seien sie im Verdachtsfall durchaus handlungsfähig. Briken empfiehlt, sich zunächst an eine Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt zu wenden und mit den Experten das Vorgehen zu besprechen.

Professor Heiner Keupp, Sozialpsychologe aus München und ebenfalls Mitglied der Kommission, verwies auf das 2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz. Darin sind die Akteure im Bereich Kinderschutz verpflichtet worden, in lokalen Netzwerken der Frühen Hilfen intensiver zu kooperieren. "Dadurch sind Hilfsangebote hinzugekommen", sagte Keupp.

Zuhören erster Schritt

"Sexuelle Gewalt in der Familie ist keine Privatsache", betonte die Kommissionsvorsitzende und Frankfurter Professorin Sabine Andresen. Das Zuhören sei der erste Schritt hin zu einer Aufarbeitung und helfe den Opfern, ihre Sprachlosigkeit zu überwinden. Die Kommission habe die Aufgabe, den Sozialraum Familie besser zu verstehen und zu klären, wie gefährdete Kinder geschützt werden könnten.

"Wir brauchen diese Kommission, damit die Betroffenen gehört werden", sagte Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und ständiger Gast in der Kommission. Er kritisierte scharf, dass das Opferentschädigungsgesetz bislang nicht überarbeitet worden sei. Anfang 2016 hatte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auch verpflichtet, ein Monitoring des Missbrauchsbeauftragten zur Prävention von sexualisierter Gewalt zu unterstützen. (wer)

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