Hohe Fehlzeiten

Pflegekräfte sind überdurchschnittlich häufig krank

Laut einer Auswertung der AOK Rheinland/Hamburg hatte die Pflege 2021 einen höheren Krankenstand als alle anderen Branchen. Psychische Erkrankungen sind bei Pflegenden häufiger als in anderen Berufen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Köln. Bei der Arbeitsunfähigkeit (AU) von Beschäftigten in der stationären und ambulanten Pflege spielen psychische Erkrankungen eine immer größere Rolle. Nach einer Auswertung der AOK Rheinland/Hamburg waren im Jahr 2021 in der Pflegebranche 8,4 Prozent aller AU-Fälle und 18,9 Prozent der AU-Tage auf psychische Störungen zurückzuführen. Insgesamt liegen in der Pflege bei den AU-Fällen die Atemwegserkrankungen (15,7 Prozent) und bei den AU-Tagen Muskel-Skeletterkrankungen (20,2 Prozent) an der Spitze.

Für den „Branchenbericht Pflege 2022“ hat das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) in Köln die Arbeitsunfähigkeitsdaten von 85.000 Versicherten der AOK Rheinland/Hamburg analysiert, die in der Pflege tätig sind. Die meisten von ihnen arbeiten in Nordrhein-Westfalen, 80,4 Prozent sind Frauen.

Für das Jahr 2021 hat das BGF in der Pflege einen Krankenstand von 7,72 ermittelt – das heißt in dem Jahr waren an jedem Tag durchschnittlich 7,72 Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben. Damit liegt die Pflege in der untersuchten Region an der Spitze bei den Krankenständen, gefolgt von Betrieben der Metallerzeugung (7,61 Prozent), der Ver- und Entsorgung (7,35 Prozent) und der allgemeinen öffentlichen Verwaltung (7,26 Prozent).

Krankenstand in der Pflege steigt kontinuierlich

Die niedrigsten Krankenstände gab es in den Bereichen Information/Kommunikation (3,03 Prozent), Gastgewerbe (3,34 Prozent) und Dienstleistungen (3,36 Prozent). Im Gesundheitswesen lag der Krankheitsstand der bei der AOK Rheinland/Hamburg Beschäftigten bei 5,26 Prozent.

Nach Angaben des BGF hat sich der Krankenstand in der Pflegebranche seit dem Jahr 2017 (7,25 Prozent) kontinuierlich erhöht. Seit 2018 ist auch die sogenannte Gesundheitsquote gestiegen, das ist der Anteil der Beschäftigten, die keine AU-Bescheinigung bei der Kasse eingereicht haben. Die Quote lag 2021 bei 40,7 Prozent, 2018 waren es noch 36,8 Prozent gewesen. „Hier sollte man allerdings berücksichtigen, dass während der Pandemie grundsätzlich weniger Beschäftigte eine Arztpraxis aufgesucht haben, wodurch sich in allen Branchen die AU-Fallzahl in den letzten zwei Jahren reduziert hat“, heißt es in dem Bericht.

Immer mehr psychische Erkrankungen

Während sich die Zahl der AU-Fälle aufgrund von Atemwegserkrankungen und Infektionen in der Pflege von 2020 auf 2021 signifikant reduziert hat, gab es bei psychischen Störungen und Erkrankungen an den Nerven- und Sinnesorganen einen deutlichen Anstieg. „Bei den psychischen Erkrankungen kam es innerhalb der letzten 15 Jahre zu einer Erhöhung der Fallzahlen um fast 70 Prozent.“ Ähnlich war der Verlauf mit Blick auf die Fehltage.

Die depressive Episode ist laut der Auswertung die Diagnose, auf die die meisten Fehltage in der Pflegebranche zurückzuführen sind. Es folgen Rückenschmerzen, Belastungs- und Anpassungsstörungen, akute Infektionen der oberen Atemwege und die rezidivierende depressive Störung.

Überdurchschnittliche Belastungen in der Pflege

Laut der BGF-Auswertung spielen in keiner anderen Branche psychische Erkrankungen eine solch große Rolle wie in der Pflege. Sie kam 2021 auf 788,9 AU-Tage je 100 Versichertenjahre, das heißt rein rechnerisch fiel jede Beschäftigte knapp acht Tage wegen eines seelischen Leidens aus. Es folgen die allgemeine öffentliche Verwaltung (644,0) und das Gesundheitswesen (500,3).

„Die Beschäftigten in der Pflege sind überdurchschnittlich hohen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt“, sagt Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. Daher müssten in der Branche gute Arbeitsbedingungen im Fokus stehen. „Neben der materiellen Ausstattung und einem adäquaten Personalschlüssel sind faire Dienstpläne und eine angemessene Entlohnung Faktoren, die den Pflegeberuf attraktiver machen“, betont Buchwitz.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Sexuelle Dysfunktion unter Antidepressiva!

© zoranm | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Metaanalyse

Sexuelle Dysfunktion unter Antidepressiva!

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Photosensibilisierung: So schützen Sie Ihre Patienten

© Studio4 | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Sommer, Sonne, Nebenwirkung?

Photosensibilisierung: So schützen Sie Ihre Patienten

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Real-World-Datena bestätigten Ravulizumab in der klinischen Praxis

© [M] LASZLO / stock.adobe.com

Komplementinhibition bei generalisierter Myasthenia gravis

Real-World-Datena bestätigten Ravulizumab in der klinischen Praxis

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: Alexion Pharma Germany GmbH, München
Abb. 1: Freisetzung von Neurofilamenten aus geschädigtem Axon

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

Serum-Neurofilament-Leichtketten: Nutzen für die Praxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Primäre Endpunkte LPS und WASO der Zulassungsstudien

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [7]

Chronische Insomnie

Langfristig besser schlafen mit Daridorexant

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH,
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

BAM-Kongress 2025

Brustschmerz in der Hausarztpraxis: Was tun?

„ÄrzteTag“-Podcast

GKV in der Krise – warum ist das Klassenzimmer die Lösung, DAK-Chef Storm und BVKJ-Präsident Hubmann?

Lesetipps
Nahaufnahme wie eine Kind ein orales Medikament einnimmt.

© Ermolaev Alexandr / stock.adobe.com

Häufiges Problem bei Kindern

Nach Medikamentengabe gespuckt – was tun?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung