Patienten besser steuern

Portalpraxen als Hoffnungsanker

Ob Kassen, KV oder Landespolitiker: In Westfalen-Lippe sehen sie Portalpraxen als passendes Instrument, um Ordnung in die Notfallversorgung zu bringen. Doch auf dem Land kann das schwierig werden.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ein Problem bei der Patientensteuerung: Die 116117 ist vielen Versicherten nicht bekannt.

Ein Problem bei der Patientensteuerung: Die 116117 ist vielen Versicherten nicht bekannt.

© Markus Scholz / dpa / picture

DORTMUND. Gesundheitspolitische Akteure in Nordrhein-Westfalen sind sich trotz unterschiedlicher Akzentuierungen einig: Portalpraxen können ein geeignetes Instrument sein, um die Notfallversorgung zu verbessern. Das zeigte sich bei einer Diskussion beim AOK-Tag der AOK Nordwest in Dortmund.

"Wir spüren ganz deutlich, dass sich durch die Portalpraxen etwas verändert", sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Westfalen-Lippe (KVWL), Dr. Gerhard Nordmann.

Ein Drittel der 62 Notfalldienstpraxen in Westfalen-Lippe sind inzwischen Portalpraxen, die von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern gemeinsam betrieben werden, zehn weitere Portalpraxen werden zurzeit aufgebaut.

"Wir sind in Westfalen-Lippe so weit wie keine andere KV im Bundesgebiet", glaubt er.

Kooperation ermöglicht Steuerung

Die Erfahrungen zeigten, dass die direkte Zusammenarbeit der beiden Sektoren in der Notfallversorgung es ermögliche, die Patientenströme zu kanalisieren. Man habe Zeit, um auf den Patienten einzugehen. "Das ist ein sehr guter Weg, um weiterzukommen", sagte Nordmann.

Auch der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW Jochen Brink lobte die gute Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Kliniken.

"Gerade angesichts des Fachkräftemangels sind wir gut beraten, wenn wir nach gemeinsamen Wegen suchen."

Portalpraxen dürfen nach Meinung von Brink nicht der einzige Weg sein. "Es gibt Regionen, wo es nicht ganz so gut funktionieren wird", sagte er.

In der Eifel beispielsweise mit ihrer geringen Arztdichte gebe es keine Alternative zur Notfallversorgung am Krankenhaus.

Für Brink ist klar: "Wir brauchen regionale Lösungen." Wenn die Akteure vor Ort nicht zusammenfinden, müssten KVen und Krankenhausgesellschaften aktiv werden und bei Bedarf das Land.

Auch der Chef der AOK Nordwest Tom Ackermann hält es für sinnvoll, wenn Krankenkassen, KVen, Krankenhäuser und Politik gemeinsam nach bedarfsgerechten Konzepten suchen.

Portalpraxen sind für ihn "komplett richtig". "Sie sollten aber bitte auch zu den Sprechstundenzeiten geöffnet sein", forderte Ackermann.

Portalpraxen als erster Schritt

Die SPD-Landtagsabgeordnete Heike Gebhard, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Düsseldorfer Landtag, plädierte dafür, vor einer weiteren Reform der Notfallversorgung erst einmal Portalpraxen zu etablieren – die sie allerdings lieber als Ein-Tresen-Modell bezeichnet. "Die Zusammenarbeit von Niedergelassenen und Krankenhäusern kann hier gut eingeübt werden."

Erst mit den dort gesammelten Erfahrungen sollten schwierigere Konzepte wie integrierte Leitstellen oder die vom Sachverständigenrat vorgeschlagenen integrierten Notfallzentren angegangen werden, findet Gebhard.

Grundsätzlich sei die Idee richtig, Patienten eine zentrale Anlaufstelle zu bieten, wo sie beraten und in die richtige Versorgungsform gesteuert werden können, sagte Peter Preuß, der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag.

"Ich plädiere dafür, ein breites Bündnis aller Akteure zu schließen, um das umzusetzen." Für Preuß gehören die Kommunen dabei unbedingt mit an den Tisch.

"Ein System finden, das jeder versteht"

Auf jeden Fall müssten den Patienten das System der Notfallversorgung und die Zugangsvoraussetzungen erklärt werden, betonte Georg Keppeler, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Nordwest. "Wir müssen ein System finden, das jeder sofort versteht", forderte er.

Es verlangt Mut, notwendige Veränderungen in Bereichen wie der Notfallversorgung tatsächlich durchzusetzen, waren sich die Diskutanten einig.

Deutlich wurde aber auch die Skepsis, ob die Politiker vor Ort schwierige Entscheidungen tatsächlich mit der notwendigen Konsequenz vertreten – zu präsent sind noch die Erfahrungen mit der Krankenhausplanung und mit Klinik-Schließungen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an