Armutsbericht

Prävention soll es richten

Der 4. Armuts- und Reichtumsbericht stellt in der Gesundheitspolitik keine neuen gesetzgeberischen Initiativen in Aussicht.

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Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stellt den Armuts- und Reichtumsbericht vor.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stellt den Armuts- und Reichtumsbericht vor.

© Stephanie Pilick / dpa

BERLIN. "Arbeit schützt am besten vor Armut." So lautet die Kernbotschaft, die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aus dem 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung herausliest, den sie am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat.

Aktuell drifteten die Einkommen in Deutschland nicht weiter auseinander, betonte sie. Im Vorfeld hatten Opposition und Sozialverbände bemängelt, die FDP habe kritische Passagen im Bericht geschönt.

Die seit Jahren belegte Verbindung von Sozialstatus und Gesundheitschancen wird zwar thematisiert - wie das Ausmaß gesundheitlicher Ungleichheit zwischen Angehörigen verschiedener Sozialschichten verringert werden kann, dafür präsentiert der Bericht keine neuen Vorschläge.

Betriebliche Gesundheitsförderung soll gestärkt werden

Die ungleichen Gesundheitschancen würden im mittleren Lebensalter "in erheblichem Maße" durch den ausgeübten Beruf und die Arbeitsbedingungen beeinflusst.

Männer ohne abgeschlossene Berufsausbildung haben im Vergleich zu (Fach-)Hochschulabsolventen ein 5,6-fach erhöhtes Risiko für eine vorzeitig unfall- oder krankheitsbedingte Verrentung.

Zwar verweist der Bericht angesichts der längeren Lebensarbeitszeit auf die steigende Bedeutung von Prävention. Als Antwort verweist die Bundesregierung aber nur auf die - angekündigte - Stärkung der betrieblichen Gesundheitsförderung, die in der Präventionsstrategie verfolgt wird.

Die besonderen gesundheitlichen Belastungen von Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen bleiben unerwähnt.

Die Techniker Krankenkasse hat jüngst Zahlen vorgestellt, nach denen Leiharbeiter mit durchschnittlich 17,8 Fehltagen im Jahr deutlich häufiger krankgeschrieben werden als Beschäftigte im konventionellen Arbeitsmarkt mit 13,3.

Von der Leyen will Angebote der Tagespflege ausbauen

Keine Fortschritte kann die Bundesregierung beim Pflegebedürftigkeitsbegriff vermelden, über den seit langem gestritten wird. Der Expertenbeirat arbeite "mit hoher Intensität" an einem Konzept, heißt es.

Ein neuer Definitionsvorschlag lag bereits in der Schublade des Gesundheitsministeriums. Diese war aber noch von Ulla Schmidt (SPD) vorbereitet worden.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen plädierte bei der Vorstellung des Berichts dafür, vor allem Angebote der Tagespflege und ehrenamtliche Strukturen in der Pflege auszubauen. So soll es vor allem für Frauen, einfacher werden, die Pflege mit ihrem Beruf zu vereinbaren.

Jede zweite Frau arbeitet Teilzeit

Um die Situation von Kindern zu verbessern, setzt die Ministerin darauf, die Erwerbstätigkeit von Frauen weiter zu steigern. Diese habe sich zwar positiv entwickelt: Gingen im Jahr 2000 noch 60,7 Prozent der 20- bis 64-Jährigen einer Arbeit nach, waren es 2012 71,7 Prozent.

Knapp die Hälfte der Frauen ist aber in Teilzeit tätig, obwohl viele gerne mehr arbeiten würden. Um die "Teilzeit-Falle" zu beseitigen, sollen Frauen einen Anspruch darauf bekommen, etwa nach Kindererziehungszeit wieder in eine Vollzeitstelle zurückkehren zu können.

Denn berufstätige Frauen trügen dazu bei, auch Familien vor Armut zu bewahren, sagte die Ministerin. (jvb/fst)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gelesen, gelacht, gelocht

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Kommentare
Almut Rosebrock 07.03.201313:36 Uhr

Die Situation von Kindern

Die Situation der Kinder werde besser, wenn die Mütter mehr abwesend sind, da sie mit "wichtigeren Dingen" (als den Kindern) beschäftigt sind - Geld ranschaffen für den Lebensunterhalt. Derweil sorgen (steuerzahlende) Professionelle für das Wohl der Kinder - oder die Kinder sind familiär versorgt oder auf sich gestellt, je nachdem, wie es eine Mutter zu "organisieren" schafft.

Ich als Mutter würde mich für meine Kinder nicht auf den Staat verlassen wollen! Was ich mit meinen Kindern nicht tue, macht auch kein Anderer - also lasse ich meine "Karriere" (Apothekerin) zeitweilig sausen (geht nur, wenn man sich mit Partner über Arbeitsteilung einig ist). Vielleicht ist das "leichtfertig" - und doch, ich lerne so viel im intensiven und weltoffenen Leben mit meinen Kindern! Eigenverantwortlich gestalte ich meine und deren Zeit (mit), bringe mich da in die Gesellschaft ein, wo es mir wichtig erscheint. Leben mit Sinn und Qualität. Ich lerne täglich dazu.

Ich wünsche mir, dadurch ein positives Vorbild auch für sie zu sein - in der Hoffnung, dass sie später nicht in Suff oder Drogen landen werden - und ihr Leben auf ihre eigene Art verantwortlich und selbstbestimmt in die Hand werden nehmen können.

Dr. Thomas Georg Schätzler 06.03.201319:18 Uhr

Vorsicht mit "Arbeit schützt am besten vor Armut"

"Arbeit schützt am besten vor Armut"? Diese Kernbotschaft von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) liegt gefährlich nahe an der verbrecherisch missbrauchten, historischen Endlösung
"Arbeit macht frei!".

Inhaltlich liegen Frau von der Leyen und die schwarz-gelbe Koalition auch völlig falsch: M i n d e s t l o h n statt Prävention müsste es heißen. Denn wie sollen massenweise verbreitete Mindestlöhne unter 5 € pro Stunde Armut verhindern können?
So lange sich die FDP als Koalitionspartner gegen gesetzliche Mindestlöhne zur Existenzsicherung präventiv sperrt, fordert sie damit gleichzeitig "Staatsknete" als ergänzende Sozialhilfe für Niedriglöhner. Und fördert damit die von ihr so heftig bekämpfte Staatsquote statt präventivem Liberalismus?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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