Psoriasis: Morbi-RSA verhindert optimale Medizin

Eine Behandlung nach Leitlinien ist erwünscht, mit den finanziellen Mitteln der GKV aber schwer umsetzbar. Deutlich wird dies am Beispiel der Psoriasis.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Psoriasis-Behandlung: Bei nur jedem zweite Patienten entspricht sie der S3-Leitlinie.

Psoriasis-Behandlung: Bei nur jedem zweite Patienten entspricht sie der S3-Leitlinie.

© Klaus Rose

HAMBURG. Rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Psoriasis. Viele von ihnen werden von Dermatologen versorgt, insbesondere Patienten, die unter schweren Formen leiden.

In den Hautarztpraxen zählt Psoriasis zu den fünf häufigsten Diagnosen. Viele Patienten sind aber auch bei Hausärzten, Pädiatern und Internisten in Behandlung.

Für jeden Patienten, aber auch für die Leistungserbringer und die Krankenkassen ist die Psoriasis eine Herausforderung. Dies zeigten die Beiträge von Ärzten und Kassenvertretern auf einer gemeinsamen Veranstaltung mehrerer pharmazeutischer Unternehmen in Hamburg.

Denn Ärzte und Kassen stehen täglich im Spagat zwischen der angestrebten Behandlung nach Leitlinien und der Finanzierung durch den Morbi-RSA.

Der sorgt bei einer Krankenkasse, die einen medikamentös behandelten Patienten mit Psoriasis versichert, aktuell für eine Zuweisung von 6407 Euro, wie Dr. Jan Helfrich von der DAK vorrechnete. Ermittelt wird diese Summe anhand von Daten aus der Vergangenheit.

Bei jedem zweiten bleibt die Behandlung hinter der Leitlinie zurück

Wegen der dynamischen Kostenentwicklung sind nach Darstellung Helfrichs mit dieser Summe aber nicht unbedingt die abgerechneten Kosten gedeckt. Kassen sehen sich laut Helfrich "tendenziell eher unterfinanziert", wenn sie Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Psoriasis versichern.

Entsprechend zurückhaltend reagieren sie auf Vorschläge zur Versorgungsoptimierung, wenn diese mit Kostensteigerungen verbunden ist. Dies gilt auch, wenn eine solide Datenbasis aus der Versorgungsforschung vorhanden ist.

Professor Matthias Augustin, Epidemiologe am UKE, zeigte, dass viele Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis eben nicht nach dem neuesten Stand der Evidenz und der medizinischen Notwendigkeit versorgt werden. Bei mindestens jedem zweiten Patienten bleibe die Versorgung hinter dem Standard der S3-Leitlinie zurück.

Besondere Defizite sieht er in der Systemtherapie und in der Diagnostik und Therapie der Psoriasis-Arthritis, die bei rund jedem fünften Psoriasispatienten in der Hautarztpraxis vorkommt.

Aber auch für andere internistisch relevante Komorbiditäten wie etwa das metabolische Syndrom sieht er erhebliche Defizite in der Versorgung. Augustin erkannte zwar Fortschritte an, "aber in zu langsamer Geschwindigkeit".

Zugleich gab der Epidemiologe zu bedenken, dass sich die Therapie außer am Befund auch an der Lebensqualität des Betroffenen orientieren sollte. Hier zeigen sich regional erhebliche Unterschiede in Deutschland.

Nationale Versorgungsziele sollen bis 2015 erreicht werden

Um beides - Behandlungsergebnisse und Lebensqualität - zu verbessern, haben die Deutsche Dermatologische Gesellschaft und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen gemeinsam nationale Versorgungsziele formuliert, die bis 2015 erreicht werden sollen. Dafür sind mehrere Bausteine erforderlich, wie Berufsverbandspräsident Dr. Michael Reusch erläuterte.

Neben der S3-Leitlinie zählen auch eine bessere Einbindung der Patienten und die bundesweit über 20 regionalen Psoriasisnetze ("PsoNet") dazu. Sie sollen neben der Einhaltung der Leitlinie auch die Zusammenarbeit zwischen den Arztgruppen verbessern.

Ein weiterer Baustein: neue Vertragsstrukturen, etwa nach den Paragrafen 73c und 140 (SGB V). Die Ziele: Die Erkrankung könnte früher erkannt, der Verlauf abgemildert und Komorbiditäten verhindert werden.

Reusch zeigte sich aufgeschlossen auch für Modelle, bei denen die Ärzte eine gesamtbudgetäre Verantwortung übernehmen. Unter dem Strich könnte daraus sogar eine Einsparung für die Krankenkassen resultieren.

Doch außer Lob für das Konzept haben Gespräche mit Kassen über eine Umsetzung bislang nichts erbracht. Denn die Kassen scheuen trotz des Morbi-RSA bessere Versorgungskonzepte zu bestimmten Krankheitsbildern, solange die Erkrankung als "tendenziell unterfinanziert" gilt.

Derzeit gelten in der ambulanten und stationären Versorgung Honorarbedingungen, die für Leistungserbringer die Behandlung mehrerer Patienten mit schwerer Psoriasis zu einem finanziellen Risiko werden lässt - mit Folgen in der Versorgung.

Angesichts dieser Perspektive appellierte Reusch: "Wir müssen etwas bewegen, sonst drohen die Patienten mit schwerer Psoriasis in der Versorgung hinten runter zu fallen."

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