Qualitätssicherung bleibt Mammutaufgabe

Der Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) hat ein Arbeitsprogramm zu bewältigen, das immer stärker wächst. Riesenaufgabe ist die Qualitätssicherung.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Händedesinfektion als Standard. Das Infektionsschutzgesetz verpflichtet Kliniken und Praxen zu mehr Schutz vor Keimen.

Händedesinfektion als Standard. Das Infektionsschutzgesetz verpflichtet Kliniken und Praxen zu mehr Schutz vor Keimen.

© dpa

GÖTTINGEN . Bei der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung beschert der Bundesgesetzgeber dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) ein stetig wachsendes Arbeitsprogramm. Und das, obwohl der Ausschuss schon bisher kaum weiß, wie er mit der Arbeit hinterherkommen soll.

Das ist bei der mit 700 Teilnehmern größten deutschen Tagung zur Qualitätssicherung deutlich geworden, zu der das AQUA-Institut (Institut für Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen) am Mittwoch nach Göttingen geladen hat.

Vor fünf Jahren hat das Wettbewerbsstärkungsgesetz mit der Vorgabe, eine sektorenübergreifende Qualitätssicherung zu etablieren, zunächst nur den Rahmen vorgegeben.

Im vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber dann mit dem novellierten Infektionsschutzgesetz erstmals auch inhaltliche Vorgaben gemacht - Stichwort nosokomiale Infektionen. Aufgabe des GBA ist es nun, bis Ende dieses Jahres Indikatoren für eine einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung zu formulieren.

Hess optimistisch

Das bezeichnete GBA-Chef Dr. Rainer Hess in Göttingen als "Riesenaufgabe". Dabei wolle der Ausschuss "Selbstverwaltung bleiben und nicht zur Mammutbehörde" mutieren, sagte Hess, der in rund zwei Monaten das Amt an seinen Nachfolger Josef Hecken übergibt.

Der Jurist zeigte sich optimistisch, dass der GBA auch künftig auf der Rahmenrichtlinie zur Qualitätssicherung aufbauen könne, die er 2010 verabschiedet hat.

Denn die Rahmenvorgabe basiere auf dem Grundsatz "Motivation vor Sanktion" bei der Qualitätssicherung, erinnerte Hess.

Allerdings werde man auf Sanktionen nicht völlig verzichten können, meinte der GBA-Chef: "Aber die müssen eindeutig nachgelagert sein und am Ende der Motivationskette stehen."

Gelegenheit dazu wird die Qualitätsmanagement-Richtlinie Vertragsärztliche Versorgung geben. In ihr war 2006 vorgegeben worden, dass Vertragsärzte ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement etablieren sollen.

Im zweiten Halbjahr dieses Jahres wird der GBA evaluieren, inwieweit die Ziele der Richtlinie erreicht worden sind. Zwar funktioniere Qualitätssicherung nicht "per Befehl von oben", sagte Hess.

Doch der GBA werde prüfen, wie man Vertragsärzte "dazu bekommt, dass die Ergebnisse ihrer Qualitätssicherung auch evaluierbar werden", kündigte Hess an.

"Viele Staaten schauen auf Deutschland"

Das Bundesgesundheitsministerium sorgt mit aktuellen Gesetzgebungsvorhaben dazu, dass das Thema auf der Agenda bleibt, machte BMG-Referatsleiterin Dr. Hiltrud Kastenholz deutlich.

Das gilt etwa für das geplante Psych-Entgeltgesetz, das das Bundeskabinett im Januar verabschiedet hat. Es sieht eine Umstellung der Vergütung auf Fallpauschalen auch in diesem Versorgungssektor vor.

Der Entwurf mache Vorgaben zur Qualitätssicherung in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung - auch, um einem Qualitätsabfall durch die neuen Vergütungspauschalen entgegenzuwirken, sagte Kastenholz.

Aufgabe des GBA wird es unter anderem sein, Empfehlungen für die Personalausstattung in entsprechenden Einrichtungen abzugeben.

Ähnlich sieht es im geplanten Patientenrechtegesetz aus. Auch dort will der Gesetzgeber Vorgaben für ein Fehlermeldungs- und Risikomanagement schaffen. Vorgesehen sind demnach auch Vergütungszuschläge für Einrichtungen, die sich an einem übergreifenden Fehlermeldesystem beteiligen, sagte Kastenholz. Regeln soll das: der GBA.

Deutschland, resümierte Professor Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des AQUA-Instituts, sei international bei der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung "ganz weit vorne".

"Viele Staaten schauen auf Deutschland." Und das heißt dann auch: Diese Länder werden von den hierzulande gemachten Fehlern bei der Implementierung der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung lernen können.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gesundheitspolitik im Rückspiegel

„Das war ein schwieriges Jahr“

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an