Schlagabtausch ums COVID-Impftempo

RKI-Chef Wieler weist Kritik der Vertragsärzte zurück

Sollen auch Apotheken oder gar Tierärzte gegen COVID-19 impfen und boostern? RKI-Präsident Lothar Wieler hält dies angesichts der aktuellen Notlage für angezeigt – und provoziert einen heftigen Streit mit der KBV.

Veröffentlicht:
RKI-Präsident Wieler steht trotz KBV-Protest zu seinen Äußerungen zum Einsatz nicht-ärztlicher Impfhelfer.

RKI-Präsident Wieler steht trotz KBV-Protest zu seinen Äußerungen zum Einsatz nicht-ärztlicher Impfhelfer.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin. Der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Professor Lothar Wieler, hat seine umstrittenen Äußerungen zum Corona-Impftempo gegen Kritik der Ärzteschaft verteidigt. „Ich bin der Ansicht, dass man in einer Notlage wie der jetzigen ergebnisorientiert handeln und entscheiden sollte“, sagte Wieler am Freitag auf eine Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Noch-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Wenn es bis Jahresende gelingen solle, mehrere Millionen Menschen gegen das Virus zu impfen oder bestehende Impfungen aufzufrischen, dann müssten „zumindest temporär“ Lösungen gefunden werden, um auch außerhalb von Arztpraxen zu impfen, betonte Wieler. Impfungen seien der beste Weg, um die derzeit in allen Bundesländern „steil“ nach oben gehenden Infektionszahlen zu drücken.

Wieler: Nüchterne Feststellung

„Daher kann ich nur darum bitten, dass wir alle Schranken und Barrieren senken, die dazu führen, dass wir weniger Menschen impfen können, als es faktisch getan werden kann.“ Das sei „eine ganz nüchterne Feststellung“, sagte der RKI-Präsident. Zwischen Wieler und der Vorstandsspitze der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) war es am Donnerstag zu einem heftigen Schlagabtausch über den Verlauf der Impfkampagne gekommen.

Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur hatte Wieler vom Impfen als einem „nationalen Kraftakt“ gesprochen. Vakzine seien ausreichend da. Allerdings scheitere das Ganze „nicht zuletzt an der Vertretung der Ärzte und Ärztinnen“. Diese wolle nicht, „dass Apotheker oder zum Beispiel Tierärzte oder Pensionäre impfen und beruft sich auf das Standes- und Haftungsrecht“. Bestimmte Interessengruppen wollten offenbar das „Eigeninteresse über das Gemeinwohl“ stellen.

KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen hatte auf diese Aussagen Wielers mit erheblicher Empörung reagiert. „Es ist unverschämt, unangebracht und im Ton völlig vergriffen, zu behaupten, es scheitere an den Vertretungen der Ärzte und Ärztinnen, dass das Impftempo im Sinne einer nationalen Kraftanstrengung nicht vorankomme“, so Gassen. „Fakt ist, dass das Impfen erst zum Turbo wurde, als die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, unterstützt von Kollegen im Ruhestand die oft in den Impfzentren geholfen haben, endlich ins Impfgeschehen eingreifen konnten.“

Mittlerweile hätten mehr als 50 Millionen Impfungen gegen Corona in Praxen stattgefunden, so Gassen. „Tendenz stark anziehend!“ Dennoch würden den Ärzten ständig „Knüppel zwischen die Beine geworfen“. Überbordende bürokratische Regelungen, hektische politische Ankündigungen oder aber fehlende Impfstoffdosen bremsten das Impftempo ständig aus.

BMG: 18 Millionen Booster-Dosen

Das Bundesgesundheitsministerium wies am Freitag daraufhin, dass in der kommenden Woche knapp elf Millionen Impfdosen für Boosterimpfungen an die Arztpraxen und Impfzentren geliefert würden. Zusammen mit den über sieben Millionen Booster-Dosen, die bereits diese Woche ausgeliefert worden seien, stünden somit 18 Millionen Impfdosen zur Verfügung. Verabreicht worden seien aber in dieser Woche nur 2,7 Millionen Impfungen und 2,65 Millionen Impfungen in der Woche davor. (hom)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Glosse

Großer Bruder, kleine Uhren

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren