COVID-19

RKI-Präsident gibt zurückhaltenden Lagebericht zur Corona-Krise ab

Euphorische Erfolgsmeldungen zur Corona-Pandemie kommen auch zu Beginn der neuen Woche nicht aus dem Robert Koch-Institut. Noch scheint die Erkenntnislage wenig eindeutig zu sein.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, kündigte eine umfassende epidemiologische Studie an, wie sie in Österreich bereits läuft.

Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, kündigte eine umfassende epidemiologische Studie an, wie sie in Österreich bereits läuft.

© Michael Sohn/POOL AP/dpa

Berlin. Die Messinstrumente zur Erfassung der Corona-Epidemie in Deutschland sollen weiter verfeinert werden. Das hat der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Professor Lothar H. Wieler, am Dienstag in Berlin angekündigt. Wieler sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Meldepflicht für negativ ausgefallene Tests aus.

Er kündigte zudem eine umfassende epidemiologische Studie an, wie sie in Österreich bereits laufe. Kritik, dass eine solche Studie zu spät komme, wies er zurück.

„Wir sind noch früh in der Epidemie, und eine zu frühaufgelegte Studie bedeutet Untererfassung“, sagte Wieler. Geplant seien zudem Antikörperstudien, um die Dunkelziffer auszuleuchten.

Intensivkapazitäten unklar

Unklar bleiben die tatsächlichen Intensivkapazitäten im Land. Mit Stand Ostermontag-Vormittag seien 19.820 Intensivbetten im DIVI-Intensivregister gelistet. Davon seien 11.513 belegt, was 58 Prozent entspreche, heißt es beim RKI. 8307 Betten seien frei.

Aufgrund einer „Umstellung des IT-Systems“ sei es zur Verzögerung bei den Meldungen gekommen. „Vermutlich“ würden weniger als die Hälfte der tatsächlich verfügbaren Intensivbetten in der aktuellen Erhebung berücksichtigt.

In der vergangenen Woche hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft von rund 40.000 Intensivbetten gesprochen, andere Stimmen gingen von weniger als 28.000 aus. Ostermontag wurden in Deutschland 2447 intensivmedizinisch behandelte Covid-19-Fälle gezählt. 1841 wurden beatmet.

Trend wenig eindeutig

Insgesamt ist die Zahl der offiziell von den Gesundheitsämtern gemeldeten Fälle am Dienstag 0.00 Uhr um 2537 auf 123.016 gestiegen. 2799 Menschen in Deutschland sind bislang an der Krankheit gestorben, geschätzt 64.300 genesen. In der Woche vor Ostern waren die Zahlen pro Tag deutlicher gestiegen.

Der RKI-Präsident wollte dennoch keinen „positiven Trend“ vermelden. Über die Ostertage seien möglicherweise noch nicht alle Fälle erfasst worden. Die John Hopkins-Universität in den USA, die auch inoffizielle Quellen auswertet, kommt am Dienstag für Deutschland auf 130.072 Infizierte und 3194 Verstorbene. Weltweit sollen demnach 1.887.108 Menschen infiziert sein. Rund 120.000 gelten als am Corona-Virus oder zumindest mit dem Virus verstorben.

Viele spenden Daten

Die Corona-Daten-Spende-App sei binnen einer Woche bereits 300.000 Mal heruntergeladen worden. Die Auswertung der Mobilitätsprofile zeige, dass die Mobilität wieder zunehme. Das sei an sich „nicht schlecht“, betonte Wieler. Er stellte sich hinter die Absicht von Außenminister Heiko Maas (SPD). Der hatte eine EU-weite Corona-App angeregt.

Meldungen aus Südkorea, dass sich mehr als 90 Patienten nach einer Genesung erneut mit dem Virus angesteckt hätten, kommentierte Wieler vorsichtig. Es sei „unklar, was wir dort sehen“. Kontaktpersonen des RKI in Südkorea hätten berichtet, dass es sich zum Beispiel um falsch negative Testergebnisse handeln könne. Zudem könne es sein, dass die Personen Virus-Genom ausschieden, das nicht mehr aktiv sei. Noch sei nicht „plausibel, dass es sich um Reinfektionen handelt“, sagte Wieler.

Auch wenige Viren sind gefährlich

Als Hypothese bezeichnete Wieler auch Nachrichten, eine geringe Virenlast könne zu milden Verläufen von Covid-19 führen. Dies gelte für Magen-Darm-Erkrankungen. Für Atemwegserkrankungen wäre dies ungewöhnlich.

Wieler bezeichnete es als Erfolg, dass es gelungen sei, die Grippewelle von Covid-19 zu entkoppeln. Das schaffe die Kapazitäten in den Krankenhäusern, um der Epidemie zu begegnen.

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