Rösler verteidigt seine Reformpläne

Der Minister gibt sich betont bescheiden: Seine Gesetzespläne seien keine "Jahrhundertreform". Zugleich zeigt er sich sicher, dass er künftigen Generationen hilft.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Das Kabinett hat am Mittwoch die Gesetzespläne zur GKV-Reform von Minister Rösler auf den Weg gebracht.

Das Kabinett hat am Mittwoch die Gesetzespläne zur GKV-Reform von Minister Rösler auf den Weg gebracht.

© dpa

BERLIN. Die Kritik an dem geplanten GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) - das am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde - reißt nicht ab. Doch das beeindruckt Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nur wenig: Er verteidigte seine Reform des GKV-Systems als "transparent, stabil und gerecht". Damit sei auch "künftigen Generationen eine Gesundheitsversorgung auf dem bewährt hohen Leistungsniveau" gesichert. Mit dem Regierungsentwurf wende man das drohende Defizit der GKV von elf Milliarden Euro ab. Daher müsse 2011 keine Kasse Zusatzbeiträge erheben.

Zudem plane die Koalition den Einstieg in ein neues Finanzierungssystem. Auch sei mit der Möglichkeit der Zusatzbeiträge erreicht worden, dass es künftig wieder mehr Wettbewerb unter den Kassen gebe. Mit dem geplanten GKV-FinG sei ein "ausgewogenes Sparpaket" geschaffen worden, so Rösler. Ärzte, Krankenhäuser, Apotheker sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten sich an den kurzfristigen Sparmaßnahmen beteiligen. Rösler schließt weitere Änderungen an dem geplanten Gesetz aus: Mit Widerstand der CSU - den Bayerns Gesundheitsminister Söder freilich prompt ankündigte - sei nicht zu rechnen.

Rösler gab sich bescheiden: Er betonte ausdrücklich, es sei keine "Jahrhundertreform". Das Gesundheitssystem müsse "schrittweise" umgestellt werden.

Die Elemente der Reform

Höhere Beitragssätze: Der allgemeine Beitragssatz wird um 0,6 Prozentpunkte von 14 auf 14,6 Prozent erhöht. Er wird paritätisch von Arbeitgebern und Versicherten getragen. Hinzu kommen 0,9 Prozent, die die Versicherten allein tragen müssen. Das entspricht der Beitragsbelastung bis Mitte 2009 von 15,5 Prozent. Mehreinnahmen der GKV: 6,3 Milliarden Euro.

Zusatzbeitrag: Krankenkassen, die mit dem allgemeinen Beitragssatz von 15,5 Prozent nicht auskommen, können einen Zusatzbeitrag als Pauschale erheben. Er ist nicht mehr auf ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens begrenzt.

Sozialausgleich: Zumutbar ist ein Zusatzbeitrag von zwei Prozent des individuellen beitragspflichtigen Einkommens. Maßgeblich ist aber nicht der Zusatzbeitrag einer konkreten Krankenkasse, sondern der vorab vom Bundesversicherungsamt für das Folgejahr berechnete Durchschnittszusatzbeitrag aller Kassen in Euro. Die Idee: Bevor Versicherte den Sozialausgleich in Anspruch nehmen, sollen sie in eine günstigere Kasse wechseln. Der Sozialausgleich wird bei Arbeitgebern und bei der Rentenversicherung durchgeführt.

Private Krankenversicherung: Die Wartezeit zum Wechsel in die private Krankenversicherung wird von drei auf ein Jahr verkürzt. Das entspricht der Gesetzeslage von vor 2007.

Hausarztverträge: Verträge nach Paragraf 73 b, die bis gestern abgeschlossen worden sind, haben Bestandsschutz bis Ende 2012. Nur für neue Verträge gilt: Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität muss beachtet werden; das kann durch eine Orientierung am KV-Fallwert geschehen. Für Add on-Verträge gilt, dass zusätzlich vergütete Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach Paragraf 73 hinausgehen, durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen zu finanzieren sind. Neue Verträge müssen von der zuständigen Aufsicht geprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten sind.

Arzthonorar: Der Bewertungsausschuss muss dem Bundesgesundheitsministerium bis zum 30. April 2011 ein Konzept für eine schrittweise Konvergenz der Vergütungen vorlegen. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung steigt 2011 und 2012 um je 0,75 Prozent. Eine gleiche Begrenzungsregelung gilt für bislang extrabudgetäre Leistungen mit Ausnahme der Prävention. Es gibt keine Zu- oder Abschläge bei Unter- und Überversorgung.

Kliniken: Die Preise für Klinikleistungen dürfen um das halbe Grundlohnwachstum steigen. Für Mehrleistungen (im Vergleich zum Vorjahr) müssen die Kliniken 2011 einen Abschlag von 30 Prozent hinnehmen; der Abschlag für 2012 wird vereinbart.

Krankenkassen: Die Verwaltungskosten dürfen 2011 und 2012 nicht steigen. (HL)

Lesen Sie dazu auch: Rösler verteidigt seine Reformpläne RWI-Experten loben Finanzteil der Gesundheitsreform KBV: Kostendämpfung, aber keine Reform DKG: 25 000 Arbeitsplätze stehen in Frage AOK: Notoperation ohne Strukturkomponente vdek: Keine weiteren Geschenke an die PKV

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