Versorgungsengpässe

SARS-CoV-2-Pandemie: Frankreich reaktiviert Ärzte in Rente

Frankreich versucht der Coronakrise mit einem Bündel an Maßnahmen entgegenzutreten: Neben der Verschiebung dringender Op, werden pensionierte Ärzte zum Dienst gerufen. Unser Nachbarland setzt aber auch auf Telemedizin – nur die Ausstattung in den Praxen fehlt noch.

Denis Durand de BousingenVon Denis Durand de Bousingen Veröffentlicht:
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron stellte in einer Fernsehansprache Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus vor.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron stellte in einer Fernsehansprache Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus vor.

© Hamilton/Pool/ABACAPRESS.COM/picture-alliance

Paris. Auch Frankreich rüstet sich für Versorgungsengpässe aufgrund der Coronakrise: Die Kliniken verschieben ab sofort alle nicht dringenden Operationen, die eine Vollnarkose benötigen, um Betten auf den Intensivstationen freizuhalten.

Gleichzeitig werden pensionierte Ärzte und Pfleger gebeten, sich wieder zum Dienst zu melden, um ihre berufstätigen Kollegen zu unterstützen beziehungsweise Personalausfällen abzufedern. Außerdem soll eine Lockerung der Regelungen zu telemedizinischen Konsultationen die Praxen entlasten.

Macron lobt Ärzte und Gesundheitsberufe

Staatspräsident Emmanuel Macron gab am Donnerstag während einer Fernsehansprache einige dieser Maßnahmen persönlich bekannt. Er lobte das Engagement aller Ärzte und Heilberufler, die jetzt pausenlos gegen die „schlimmste gesundheitliche Bedrohung Frankreichs seit 100 Jahren“ kämpfen würden.

Die dramatische Zunahme der Fälle hat die bisherige, relativ gelassene Haltung der Gesundheitsbehörde radikal verändert. Noch vor einer Woche hielt Frankreich eine aktive Teilnahme der niedergelassenen Ärzte gegen das Coronavirus für überflüssig. Patienten wurden gebeten, zunächst die öffentlichen medizinischen Leitstellen, die landesweit unter der Rufnummer 15 erreichbar sind, anzurufen.

Totale Überlastung der Leitstellen

Erst danach sollten diese nach einem Gespräch mit einem sogenannten koordinierenden Arzt entweder ins Krankenhaus oder zu ihrem Arzt geschickt werden. Wegen der totalen Überlastung der Leitstellen wird seit Anfang dieser Woche Patienten wieder empfohlen, ihren niedergelassenen Arzt als erstes anzurufen.

Ärzteverbände haben sich zwar gefreut, dass die Regierung „endlich entdeckt, dass 110 .000 niedergelassene Ärzte, darunter 60 .000 praktische Ärzte zur Verfügung stehen “. Die Ärzte protestieren aber gegen die schlechte Versorgung mit Schutzausrüstung. In den ersten Tagen verfügten die Praxen über zu wenig Schutzmasken und Desinfektionsmittel. Seitdem hat sich die Lage etwas vebessert.

Ärzte werden zu Journalisten

Im Gegensatz zu den offiziellen Äußerungen der Regierung, die mehrfach erklärte, die Situation in den Praxen sei ruhig, berichten viele Ärzte von überfüllten Praxen mit verängstigten Patienten. Auch die offiziellen Informationsquellen für Patienten wurden von den Ärzteverbänden als unzureichend kritisiert.

In den am meisten betroffenen Gebieten Haut-Rhin (Oberrhein) im Südelsass sowie in dem Département de l’Oise nördlich von Paris kommunizieren deswegen einige Ärzte mit der Bevölkerung nicht nur über soziale Medien, sondern sie verfassen auch Artikel in den lokalen Zeitungen. Damit wollen sie die Menschen vor Ort beruhigen.

Hausarzt schreibt in Quarantäne

Unter diesen „Gastautoren“ befindet sich der Praktische Arzt Dr. Jonathan Peterschmitt, der selbst vor zehn Tagen während einer evangelischen Versammlung in Mülhausen infiziert wurde, und seitdem in der Quarantäne zu Hause sitzt.

Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, schlägt der größte Verband der Praktischen Ärzte „MG France“ vor, sollten die Praxen ihre Arbeitszeit neu organisieren und Coronapatienten nur noch zu bestimmten Zeiten behandeln, um alle Kontakte mit nicht infizierten Patienten zu vermeiden.

Telemedizin: Ärzten fehlt Technik

Viele Ärzte versuchen sich derzeit auch telemedizinisch auszurüsten, da sie mit Ausgangssperren sowie mit einem neuen Patientenstrom rechnen. „MG France“ begrüßt diese Entwicklung zwar, erinnert aber daran, dass Telemedizin auch im Coronafall keine echten Diagnosen ersetzen kann und nur dabei hilft, den weiteren Verlauf einer Krankheit zu beobachten.

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