dbb-Jahrestagung

Sanierungsfall Öffentlicher Dienst

60 Prozent der Bevölkerung halten den Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben wie den öffentlichen Gesundheitsdienst für überfordert, warnt der Bundesvorsitzende des Dachverbands der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes.

Von Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
 Ulrich Silberbach, Vorsitzender des  dbb Beamtenbundes,warnte am Montag bei der Jahrestagung in Köln vor dem Sanierungsfall  öffentlicher Dienst.

Ulrich Silberbach, Vorsitzender des dbb Beamtenbundes,warnte am Montag bei der Jahrestagung in Köln vor dem Sanierungsfall öffentlicher Dienst.

© dpa

Köln/Berlin. Der Beamtenbund dbb schlägt angesichts der Personalengpässe im öffentlichen Dienst Alarm.

Wie dbb-Chef Ulrich Silberbach am Montag in Köln im Rahmen der Jahrestagung des Beamtenbunds hinwies, fehlten einer Verbandsumfrage zufolge rund 300000 Menschen – „in der frühkindlichen Bildung, in Schulen und Berufsschulen, bei den Sicherheitsbehörden, in Justiz und Finanzämtern, im Gesundheitsdienst, in der Pflege, in der Sozialen Arbeit, im technischen Dienst, bei den Bürgerdiensten, in der Lebensmittelkontrolle, in Natur- und Umweltschutz.“

„In den kommenden zehn Jahren werden zudem mehr als 1,3 Millionen Beschäftigte in den Ruhestand gehen. Damit steht uns ein ganz gewaltiger Verlust von Arbeitskraft und Knowhow ins Haus. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, den der Öffentliche Dienst zu bewältigen hat – und leider sind wir bislang noch nicht einmal richtig aus den Startlöchern gekommen. Das ist wirklich dramatisch. Wir müssen schleunigst die Beine in die Hand nehmen und zusehen, dass wir den öffentlichen Dienst mit sinnhafter Digitalisierung und nachhaltiger Personalpolitik fit für die Zukunftsaufgaben bekommen“, mahnte der Bundesvorsitzende des Dachverbands der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes.

Bürger spüren die Engpässe

Silberbach warnte vor den gravierenden Folgen für Land und Gesellschaft.

„60 Prozent der Bevölkerung halten den Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben für überfordert. Das ist ein alarmierendes Anzeichen für den Vertrauensverlust in die Leistungsfähigkeit unseres Staates. Wenn es bei den Berufsfeuerwehren brennt, wenn nahezu bundesweit Jugendämter, Schulen und Kitas Landunter melden, wenn Gesundheitsämter und medizinische Dienste so ausgedünnt sind, dass sie Schul- und amtsärztliche Untersuchungen, Hygienekontrollen nicht mehr ordnungsgemäß durchführen können, wenn Verfahren bei Gericht auf Halde liegen und so lange dauern, dass Tatverdächtige aus der U-Haft entlassen werden müssen, wenn man monatelang auf einen Termin im Bürgeramt warten muss - wenn der Staat immer häufiger versagt, dann bleibt das den Menschen, die hier leben, nicht verborgen. Wir verspielen ein Stück Zukunft in Deutschland, wenn wir den Sanierungsfall öffentlicher Dienst jetzt nicht zukunftsfest machen. Dann kippt nicht nur die Stimmung gegenüber dem Staat, sondern dann ist irgendwann auch der Punkt erreicht, an dem der öffentliche Dienst kein Standortvorteil für Deutschland mehr ist“, betonte Silberbach.

Er fordert von den Entscheidern, für angemessene Rahmenbedingungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu sorgen. „Lasst die Beschäftigten, die ihre Pflicht erfüllen und jeden Tag ihr Bestes geben, nicht im Regen stehen! Macht endlich Euren Job, damit die Kolleginnen und Kollegen ihren machen können! Die Zeiten, in denen der Rotstift immer wieder an den öffentlichen Dienst gesetzt wird, müssen endgültig und nachhaltig vorbei sein. Die Bewältigung drängender Herausforderungen darf nicht an mangelndem Personal scheitern“, so Silberbach.

Absage an Bürgerversicherung

Eine klare Absage erteilt der dbb-Bundesvorsitzende wiederkehrenden Versuchen einer Aushöhlung des Beamtenstatus, etwa durch die Schaffung einer Bürgerversicherung oder die Einführung eines Streikrechts für Beamte. Das besondere Dienst- und Treueverhältnis sei „Dreh- und Angelpunkt für die Verlässlichkeit unseres öffentlichen Dienstes“, unterstrich Silberbach.

Es gelte, das Berufsbeamtentum durch Modernisierung und Motivation zukunftsfest zu gestalten. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der Strukturen des Besoldungsrechts auf Bundesebene sei ein entsprechender Einstieg geschafft, aber „das reicht uns noch nicht“, kündigte Silberbach gegenüber Bundesinnenminister Horst Seehofer an.

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