DGIV-Kongress

Sektorenübergreifende Projekte werden zurückgestellt

Die Coronavirus-Pandemie bedeutet für die sektorenübergreifende Versorgung einen Rückschlag. Zwei Kernprojekten droht die Verschiebung, hieß es beim Web-Kongress der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung (DGIV).

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Ein gemeinsam ambulant-stationärer fachärztlicher Versorgungsbereich wird aller Voraussicht nach in der laufende Legislaturperiode nicht mehr eingerichtet.

Ein gemeinsam ambulant-stationärer fachärztlicher Versorgungsbereich wird aller Voraussicht nach in der laufende Legislaturperiode nicht mehr eingerichtet.

© vege / stock.adobe.com

Berlin. Die Corona-Krise zeitigt Auswirkungen auch auf die strukturelle Entwicklung des Gesundheitswesens. Betroffen sind Projekte mit Blick auf die Sektorengrenze. Sowohl die Notfallversorgung als auch die Errichtung eines gemeinsamen ambulant-stationären fachärztlichen Versorgungsbereiches werden zunächst einmal zurückgestellt.

„Aktuell stellt die Corona-Epidemie das Gesundheitswesen und alle Beteiligten in Bund und Ländern vor große Herausforderungen. Deshalb werden wir uns mit einer umfangreichen Strukturreform der Notfallversorgung mehr Zeit lassen“, hat das Gesundheitsministerium der „Ärzte Zeitung“ auf Anfrage mitgeteilt.

Dritter Sektor muss warten

Nachdem die Einrichtung eines gemeinsamen ambulant-stationären fachärztlichen Versorgungsbereiches es nicht in das Versorgungsverbesserungsgesetz (GPVG) geschafft hat, gehen Fachleute davon aus, dass das Thema aller Voraussicht nach für die laufende Legislaturperiode erledigt ist. Das wurde beim Web-Kongress der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung (DGIV) am Donnerstag angesprochen.

Der ehemalige Hamburger Staatsrat für Gesundheit und Verbraucherschutz, Dr. Matthias Gruhl, der bereits an den ersten Eckpunkten für ein entsprechendes Gesetz mitgearbeitet hat, äußerte dabei Zweifel, dass vor der nächsten Sommerpause noch ein entsprechender eigener Gesetzentwurf dazu auf den Weg gebracht werden könne. In einem geplanten Pflegegesetz könnten aber eventuell Teilaspekte aus den vorliegenden dürren Eckpunkten der Bund-Länder-Arbeitsgruppe untergebracht werden.

Gutachten im November erwartet

Für diesen November werde zudem das Gutachten erwartet, das der Gesetzgeber mit dem MDK-Reformgesetz in Auftrag gegeben hatte, berichtete Gruhl. Der Auftrag lautete, einen „Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Leistungen und stationsersetzender Behandlungen“ aufzusetzen und auch Volumina zu nennen.

Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hatte bereits 2018 eine Liste von 2600 Eingriffen vorgestellt, die sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden können. Bis zu 20 Prozent der bisher stationär erbrachten Leistungen könnten in diesen dritten Sektor eingehen, die Kostenträger mithin mit erheblichen Einsparungen rechnen.

Zunächst habe sich das Gesundheitsministerium dafür Absagen bei allen „üblichen Verdächtigen“ aus der Gutachterszene abholen müssen, berichtete Gruhl. Dann hätten sich doch noch Kapazitäten gefunden. Namen wollte Gruhl nicht nennen.

Jährlich mehr als sechs Millionen ambulante Operationen

Insgesamt werden demnach in Deutschland im Jahr mehr als sechs Millionen Operationen ambulant vorgenommen, 1,9 Millionen davon im Krankenhaus, dort bislang allerdings zu den teureren DRG-Bedingungen.

Ein weiteres Ziel der Bund-Länder AG „sektorenübergreifende Versorgung“ könnte möglicherweise mit dem noch für diese Legislatur erwarteten Pflegegesetz aufgegriffen werden. Dabei geht es um eine verbesserte Kooperation-, Kommunikation- und Koordinierungsstruktur der Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten mit ambulanten Pflegediensten. Die hänge derzeit weitgehend noch vom persönlichen Einsatz der Akteure vor Ort ab, heißt es. (af)

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