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So krempeln Bund und Länder das Medizinstudium um

Die Ärzte für die medizinische Versorgung von morgen auszubilden: Das ist das Ziel des Masterplans. 37 Einzelpunkte mit über 40 Maßnahmen listet das Papier auf. Doch nun läuft Bund und Ländern die Zeit weg.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
So krempeln Bund und Länder das Medizinstudium um

© Illian

BERLIN. Der Masterplan wird im Medizinstudium kaum einen Stein auf dem anderen lassen. Mit der Veröffentlichung des lange vertraulich behandelten Papiers könnte Bewegung in die Reformdebatte kommen.

Schon seit Juni liegt das neunseitige Papier den Gesundheits- und Kultusministern der Länder vor. Nur ein einziger der 37 Einzelpunkte ist als strittig gekennzeichnet: die Landarztquote.

Per Staatsvertrag soll das Hochschulzulassungsrecht der Länder so geändert werden, dass die Länder "mindestens zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerber vergeben, die sich verpflichten (...), für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung" schlecht versorgter ländlicher Regionen zu arbeiten. Die politische Symbolkraft dieses Vorhabens dürfte größer sein als seine tatsächliche Auswirkung auf die Versorgung von morgen.

Ganz praktisch betroffen sein werden die künftigen Studierenden dagegen von den Veränderungen bei der Studienstruktur und den Ausbildungsinhalten. Die "konsequente Orientierung am Patienten und seinen Bedürfnissen" zieht sich wie ein roter Faden durch die Reformvorgaben.

Versprochen wird eine "Konzentration auf wesentliche Lernziele und -inhalte". Auch die politische Forderung, Ärzte sollten stärker mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten, spiegelt sich im Masterplan.

Unterdessen wächst die Ungeduld bei Fachgesellschaften, Medizinstudierenden und Medizinischem Fakultätentag. Ende November forderten die Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme mehr Transparenz in der Reformdiskussion. Diese hat die "Ärzte Zeitung" mit Blick auf die Inhalte des Masterplans nun hergestellt.

Zulassung und Prüfung: Soziale Kriterien fallen in die Waage

Im Auswahlverfahren für das Medizinstudium sollen neben der Abiturnote künftig auch mindestens zwei weitere Kriterien Anwendung finden. "Diese sollen insbesondere die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie die Leistungsbereitschaft der Bewerber einbeziehen", heißt es.

Auch eine Ausbildung, Tätigkeit oder ehrenamtliches Engagement im medizinischen Bereich werden künftig berücksichtigt .

Hochschulen werden unterstützt, die Auswahlverfahren entsprechend anzupassen und etwa Auswahlgespräche als Instrument zu etablieren. Das Bundesforschungsministerium wird Projekte zur Begleitforschung der Entwicklung fördern.

Eine Erhöhung der Studienplatzzahl ist ausdrücklich nicht vorgesehen.

Die Ärztliche Prüfung umfasst drei Abschnitte. Im ersten Abschnitt soll es eine schriftliche (nach vier Semestern) und eine mündlich-praktische Prüfung (nach sechs Semestern) geben.

Der Gegenstandskatalog des zweiten, schriftlichen Abschnitts der Staatsprüfung wird das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag überarbeiten.

Ausgangsbasis könne der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) sein. Die abschließende Prüfung beinhaltet weiter die Prüfung am Patientenbett und wird zusätzlich um Fragestellungen ausschließlich zu Innerer Medizin, Chirurgie und Allgemeinmedizin sowie einem Wahlfach ergänzt.

Die Hochschulen sind aufgefordert, "neue kompetenzorientierte Lehr- und Prüfungsformate zu erproben und weiterzuentwickeln".

Stärkung der Allgemeinmedizin: Hausarzt-Job ins Schaufenster

Im Staatsexamen werden künftig alle Studierenden auch in der Allgemeinmedizin geprüft.

Die Struktur des Praktischen Jahres wird von Tertialen auf Quartale umgestellt. Innere Medizin und Chirurgie bleiben Pflichtquartale; hinzukommen zwei Wahlfächer, von denen eines in der ambulanten Versorgung absolviert werden muss.

Es wird überprüft, wie "die Arbeits- und Lernbedingungen (im PJ) verbessert werden können", etwa durch vorgegebene Lernzeiten.

Lehrveranstaltungen in der Allgemeinmedizin sollen durch "regelmäßige wiederkehrende Hospitationen" flankiert werden.

Das Blockpraktikum Allgemeinmedizin bleibt, die Famulatur in der Hausarztpraxis entfällt.

Die medizinischen Fakultäten sollen die Allgemeinmedizin "für Nachwuchsmediziner attraktiver gestalten und schon in der Ausbildung stärker in den Fokus rücken".

An allen medizinischen Hochschulen sind Lehrstühle für Allgemeinmedizin vorgesehen.

Die Hochschulen sollen mehr Lehrkrankenhäuser auf dem Land einbinden. Es werde nach "weiteren geeigneten Mitteln gesucht", um zu großen finanziellen Belastungen der Studierenden, etwa durch Fahrtkosten, entgegenzuwirken.

Das einzige ausdrücklich strittige Instrument bleibt die Landarztquote. Den Ländern soll die Möglichkeit eingeräumt werden, mindestens zehn Prozent der Studienplätze vorab an Bewerber zu vergeben, die sich verpflichten, nach der Weiterbildung "bis zu zehn Jahre" hausärztlich in schlecht versorgten Regionen zu arbeiten.

Studieninhalte: Kompetenzen geben Lernziele vor

Das Medizinstudium soll „kompetenzorientiert“ weiterentwickelt werden. Basis dafür soll der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) sein. Danach sollen die Studierenden einerseits auf ihre künftigen Rollen als Arzt besser vorbereitet werden. Andererseits soll die Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten gestärkt werden. Der NKLM soll Teil der Approbationsordnung werden.

Hochschulen sollen gemeinsame Lehrveranstaltungen mit Studierenden anderer Gesundheitsberufe in ihre Curricula aufnehmen.

Der Erwerb kommunikativer Kompetenzen soll stärker im Studium verankert werden. Vorgesehen ist, das „Nationale longitudinale Kommunikationscurriculum in der Medizin“ in die Curricula der Hochschulen zu integrieren und dazu spezielle Prüfungsformate zu entwickeln.

 Überprüft werden sollen die Zahl der zu erbringenden Leistungsnachweise und die Notenpflicht.

Theoretische und klinische Inhalte sollen vom ersten Semester an miteinander verknüpft werden. Teilstudienplätze, die ein Studium nur bis zum Physikum erlauben, sollen „der Vergangenheit angehören“

Die bisherige Klausel für Medizin-Modellstudiengänge soll im Lichte des Masterplans überprüft und bei Bedarf angepasst werden.

Lehrpraxen sollen stärker in die Ausbildung integriert, neue Praxen rekrutiert werden.

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