Bundespräsident begeistert
Speed-Dating mit dem Arzt
Junge Flüchtlinge müssen Arztpraxen und Kliniken innerhalb von wenigen Minuten überzeugen – um einen Job als MFA zu bekommen. Bundespräsident Steinmeier zeigt sich angetan vom Projekt der Kammer Nordrhein.
Veröffentlicht:ESSEN. Die Bezeichnung "Speed-Dating" erscheint Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Ehefrau Elke Büdenbender offensichtlich noch etwas gewöhnungsbedürftig. Aber inhaltlich sind sie begeistert von dem Projekt "Eine Chance für Geflüchtete", bei dem es darum geht, junge Geflüchtete für die Ausbildung zu Medizinischen Fachangestellten (MFA) zu gewinnen und sie mit ausbildungsbereiten Ärzten und Kliniken zusammenzubringen.
In dem Essener Projekt kooperieren die Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo), die KAUSA Servicestelle, das JobCenter und die Agentur für Arbeit. Beim Business-"Speed-Dating" hatten sich im September 60 junge Geflüchtete, die an einer Ausbildung zur oder zum MFA Interesse hatten, mehreren Vertretern von Arztpraxen und Kliniken vorgestellt.
Die kurzen Treffen führten zu 19 Verträgen zur Einstiegsqualifizierung, drei junge Geflüchtete erhielten sofort einen Ausbildungsvertrag in einer Praxis oder einem Krankenhaus. Um die jungen Menschen gezielt fördern zu können, hat die Berufsschule eine Extra-Klasse für die Teilnehmer eingerichtet.
Zufriedene Arbeitgeber
Als vorletzte Station auf ihrer Tour durch Deutschland anlässlich der Woche der beruflichen Bildung sind Steinmeier und Büdenbender nach Essen gekommen, um sich mit den Initiatoren und Teilnehmern auszutauschen. "Sowohl die Arbeitgeber als auch die künftigen Auszubildenden scheinen sehr zufrieden mit dem Matching-Prozess zu sein", sagt der Bundespräsident.
"Das Projekt ist sehr wichtig und hilfreich für mich", bestätigt Halas Daood, die als Einstiegspraktikantin bei Augenarzt Dr. Ludger Wollring tätig ist, Vorsitzender der Kreisstelle Essen der Kammer. Die Einstiegsqualifizierung bereitet auf die Ausbildung vor. Nur durch die gezielte Vermittlung hätten sie und andere Teilnehmer die Chance auf einen Ausbildungsplatz bekommen. "Wenn wir es privat gemacht hätten, hätten wir nichts gefunden", glaubt die junge Syrerin.
Ihr Landsmann Amer Eibash wollte in Deutschland eigentlich weiter als Französischlehrer arbeiten. Dafür hätte er aber ein zweites Fach studieren müssen. Die Informationen der KAUSA über die Möglichkeit einer Ausbildung zum MFA haben ihn motiviert, sich umzuorientieren.
Eibash hat zwei Monate als Praktikant gearbeitet und ist jetzt Auszubildender in der MediClin Fachklinik Rhein/Ruhr. "Ich bin sehr froh darüber." In der Klinik erfahre er eine sehr große Unterstützung, berichtet Eibash. "Ich werde gut gefördert."
Alle profitieren von dem Projekt
Das Projekt ermögliche es, dem Mangel an MFA-Nachwuchs entgegenzuwirken, freut sich Dr. Matthias Benn vom Vorstand der Kammer-Kreisstelle. "Das Projekt ist nicht nur eine Chance für die Geflüchteten, sondern auch für uns." Ihm und seiner Frau liege es am Herzen, die Bedeutung der beruflichen Bildung wieder mehr in den Fokus zu rücken und ihre Chancen aufzuzeigen, betont Steinmeier.
Auf der Reise hätten sie gesehen, dass man Arbeitgeber und Geflüchtete zusammenbringen kann. "In Essen haben wir dafür ein wunderbares Beispiel gesehen", lobt der Bundespräsident die Initiative. "Sie ist so eindrucksvoll, dass man sich fragt, warum nicht andere Berufsgruppen schon gefolgt sind."