Nordrhein-Westfalen

Strategien gegen den Investitionsstau in Kliniken

Es gibt Konsens, dass mehr Geld fließen muss: Der Investitionsstau in Krankenhäusern ist auch in Nordrhein-Westfalen ein gesundheitspolitischer Dauerbrenner.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Mit der nicht ausreichenden Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser verstoßen die Bundesländer möglicherweise gegen Bundesrecht. "Die Länder haben weitreichenden Spielraum, aber sie sind nicht frei", sagte Professor Stefan Muckel vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Uni Köln bei einem Fachgespräch der katholischen und evangelischen Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen.

Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) haben die Kliniken, die in den Landeskrankenhausplan aufgenommen sind, Anspruch auf die Finanzierung ihrer Investitionen. Dem würden durch Landesgesetze wie dem Krankenhausgestaltungsgesetz NRW landesrechtliche Grenzen gesetzt, sagte Muckel. Es ist für ihn aber "mit Fragezeichen versehen", ob die Länder die zur Verfügung gestellten Mittel mit Blick auf die Haushaltslage beschränken dürfen. "Es sind keine freiwilligen Mittel, sondern verpflichtende", sagte der Jurist.

8,5 Milliarden Euro Investitionsstau

Im bevölkerungsreichsten Bundesland waren 2015 von 352 Häusern 235 in freigemeinnütziger Trägerschaft. Dr. Adam Pilny vom Wirtschaftsforschungsinstitut RWI bezifferte den Investitionsstau dieser Kliniken mit 8,5 Milliarden Euro. Das RWI hatte im Auftrag der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW) eine Studie zum Investitionsbedarf der Kliniken im Land erstellt, das "Investitionsbarometer NRW". Danach besteht bei den freigemeinnützigen Häusern eine jährliche Investitionslücke von 650 Millionen Euro, über alle Häuser sind es eine Milliarde Euro.

Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sieht in der Trägervielfalt in NRW ein großes Plus. Die hohe Zahl kirchlicher Häuser führe dazu, dass in vielen Häusern eine andere Haltung zu spüren sei, zudem seien Wettbewerb und Konkurrenzdruck geringer. Zwar bezweifelt Steffens manche Zahlen aus der RWI-Studie. Dass generell die Investitionsmittel für die Kliniken steigen müssen, steht für sie aber fest. "Wir müssen mindestens auf den Bundesdurchschnitt kommen", betonte sie. Die öffentlichen Fördermittel je Einwohner belaufen sich in NRW auf 28 Euro pro Jahr, bundesweit sind es 33 Euro.

Allerdings ist es nach Ansicht der Ministerin sinnlos, einfach die Investitionspauschalen zu erhöhen. Bestimmte Bereiche wie Hygiene und IT sollten gezielt gefördert werden. "Die Krankenhäuser müssen nachweisen, wofür sie das Geld ausgeben."

Das RWI-Gutachten habe die gesundheitspolitische Diskussion in NRW in Fahrt gebracht, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Peter Preuß. Auch er lehnt eine undifferenzierte Erhöhung der Förderpauschalen ab. Bei der Mittelverwendung dürften die Kliniken nicht zu stark reglementiert werden. Preuß‘ Pendant bei der FDP Susanne Schneider hält nichts davon, Kliniken Vorschriften zu machen. Entscheidend sei die Erhöhung der Mittel. "Die Häuser müssen nachhaltig wissen, welche Summen ihnen zur Verfügung stehen und selbst entscheiden, wofür sie es verwenden."

"Noch Luft nach oben"

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag Günter Garbrecht (SPD) forderte dazu auf, bei der Diskussion über die Erhöhung der Investitionsmittel die stärkere Kooperation im Kliniksektor nicht aus den Augen zu verlieren. "Hier ist aus meiner Sicht noch Luft nach oben", sagte Garbrecht. Nach der Bundestagswahl werde sich das Verhältnis von ambulanter und stationärer Versorgung verändern.

"Die Verbundbildung allein kann nicht die Antwort auf die Problematik der Investitionskosten sein", findet KGNW-Präsident Jochen Brink. Auch die an sich sinnvolle Debatte über die künftige Gestaltung der Klinikfinanzierung helfe den Häusern im Moment nicht weiter. "Wir brauchen ein Sofortprogramm, das Krankenhäusern und Patienten eine sichtbare Erleichterung verschafft."

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