Deutsche Krankenhausgesellschaft räumt ein

Strukturprobleme in der Kliniklandschaft

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat sich bereit erklärt, mit der Politik über strukturelle Veränderungen in der Kliniklandschaft zu sprechen. Außerdem fordert sie ein Ende der Personaluntergrenzen. Gesundheitsminister Spahn spricht von einem „nötigen Testlauf“.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Zum Krankenhaus geht's rechts. Doch nicht überall in Deutschland sind die Wege in die Klinik kurz.

Zum Krankenhaus geht's rechts. Doch nicht überall in Deutschland sind die Wege in die Klinik kurz.

© VRD / stock.adobe.com

BERLIN. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) öffnet sich für Veränderungen – auch für solche der Versorgungsstrukturen. Das hat der Präsident der Gesellschaft, Dr. Gerald Gaß, am Dienstagabend beim Frühlingsempfang der DKG angekündigt.

Die Träger der DKG hätten einen einstimmigen Vorstandsbeschluss gefasst, der Politik die Hand zu reichen und „die destruktive Phase der Krankenhaus-Politik“ zu überwinden.

„Wir wissen sehr wohl, dass die Krankenhausstrukturen in Deutschland, die über Jahrzehnte gewachsen sind, nicht überall ideal und effizient sind“, sagte Gaß. Es gebe Parallelstrukturen, Regionen mit höherer und Regionen mit niedriger Versorgungsdichte bis hin zu stationärer Unterversorgung.

Die DKG wolle daher in einen Dialog mit den Ländern, den Landräten, den Bürgermeistern, den Beschäftigten in den Krankenhäusern und der Bevölkerung eintreten.

Die Vertreter der Krankenhäuser seien bereit, Verantwortung zu übernehmen und im Dialog mit den Ländern über Standortfragen, Zusammenlegungen und im konkreten Einzelfall auch Schließungen zu sprechen.

Flexibles DRG-System

Indirekt räumte Gaß Mengenausweitungen in Krankenhäusern ein. „Wir brauchen ein DRG-System, das Krankenhäusern die Möglichkeit gibt, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen und Tariflöhne zu bezahlen, ohne ständig Mehrleistungen erbringen zu müssen oder nach steigenden Schweregraden zu streben“, sagte Gaß.

Die Gründe dafür seien in der Gefahr kalter Strukturbereinigung mittels Erlöskürzungen, fehlender Investitionskostenfinanzierung und überzogener MDK-Prüfungen zu suchen.

Gaß forderte von dem anwesenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen neuen politischen Ordnungsrahmen, der die Pflege dorthin lenke, wo sie gebraucht werde.

Die tatsächlichen Anstrengungen der großen Koalition, den Personalmangel in den Krankenhäusern zu beheben, lösen bei den Praktikern nämlich gemischte Gefühle aus.

"Groteske Züge"

Mit der Verlagerung des Kostenrisikos für zusätzliche Pflegekräfte und Tarifsteigerungen auf die Kassen habe für die Krankenhäuser der Wettbewerb am Pflegepersonalmarkt „groteske Züge“ angenommen, beschrieb Gaß die Folgen des Pflegepersonalstärkungsgesetzes. Das habe einen Wettlauf bei Haustarifverträgen ausgelöst.

Zudem gebe es Antrittsprämien, die flächendeckend ausgelobt würden. Provisionsorientierte Abwerbespezialisten böten ihre Dienste an.

Leidtragende dieser Entwicklung seien die ambulante und stationäre Altenpflege sowie die Rehabilitationseinrichtungen. Auch zwischen den Krankenhäusern sei ein Wettbewerb um Pflegepersonal entstanden, der als „unvernünftig“ bezeichnet werden müsse.

Auch die Pflegepersonaluntergrenzen, die Spahn den Krankenhäusern per Verordnung diktiert hat, stehen in der Kritik. Die Kliniken seien „zutiefst verunsichert“, wie sie mit schwankenden Kapazitäten umgehen sollen, sagte Gaß.

Alternative Personalbemessung

Alternativ hat die DKG Eckpunkte für ein Personalbemessungsinstrument beschlossen, das sie gemeinsam mit Pflegerat und Gewerkschaften entwickeln will.

Der abteilungs- und stationsbezogene Personaleinsatz soll damit in der Verantwortung der Kliniken bleiben. Derzeit gibt es strenge, schichtbezogene Vorgaben, die Krankenhäuser als hinderlich empfinden.

Dass die Krankenhäuser und weitere Beteiligte gemeinsam nach Lösungen für die Personalbemessung suchten, sei ein „guter Schritt“, sagte Jens Spahn.

Er rechtfertigte die Rechtsverordnung zu den Personaluntergrenzen zum Beispiel auf Intensivstationen und der Geriatrie. „Es ist nötig, das gemeinsam mit Ihnen zu testen“, sagte Spahn.

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 20.03.2019 um 16:38 Uhr.

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