Cannabis

Suchtexperten fordern Enquete-Kommission

Im Umfeld der Jamaika-Sondierungen über eine neue Regierungskoalition werden Stimmen lauter, über den Umgang mit Cannabis neu nachzudenken.

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Nach Angaben der Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen werden jährlich 170.000 Strafverfahren wegen Cannabiskonsums geführt.

Nach Angaben der Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen werden jährlich 170.000 Strafverfahren wegen Cannabiskonsums geführt.

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HAMM. Strafrechtler und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) fordern von den Bundestagsfraktionen die Einsetzung einer Enquete-Kommission Cannabis. 23 Jahre nach der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts, sich mit dem Thema zu befassen, sei nichts geschehen, sagte der Strafrechtler Professor Lorenz Böllinger der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage. Im Bundestag müsse überprüft werden, ob die Betäubungsmittelgesetze aus den 1970er-Jahren noch zeitgemäß seien.

Nach Angaben der DHS werden jährlich 170.000 Strafverfahren wegen Cannabiskonsums geführt.

"Es geht hier um die höchstgradige potenzielle Einschränkung von Bürgerrechten durch die Androhung von Freiheitsstrafen." Das sei verfassungswidrig, sagt Böllinger. Experten sollten jetzt die Situation neu bewerten.

In den Niederlanden werde der Konsum und Besitz von Drogen liberaler gehandhabt, sagt DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann. Dies verursache jedoch keinesfalls mehr Probleme als in Deutschland. "Wichtiger als Verbote ist umfassende Prävention." In der Justiz werde im Vergleich zu anderen Delikten wie Alkohol im Straßenverkehr mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

"Die Diskussion dreht sich im Kreis", bemängelte Gaßmann. Die noch aktuelle Drogenbeauftragte erkläre, die Diskussion müsse beendet werden, weil sie zur Verharmlosung des Drogenkonsums beitrage. "Wir sagen: Es gibt so viele Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Konsumverbot von Cannabis, und es gibt so wenig einfache Lösungen, dass wir eine konzertierte Aktion im Sinne einer Enquete-Kommission brauchen, um einen Konsens herzustellen."

Der Cannabiskonsum sei trotz der umfassenden Verbote weit verbreitet, sagte Gaßmann. "Die Enquete-Kommission soll angesichts dieser Problematik die konkrete Ausgestaltung und Möglichkeiten einer Regulierung prüfen und konzipieren", heißt es bei der DHS.

In der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen sind bundesweit die in der Suchthilfe und Prävention tätigen Verbände und Vereine zusammengeschlossen. Strafrechts-Professor Böllinger ist Sprecher des Schildower Kreises, eines Zusammenschlusses von mehr als 100 Strafrechtlern, die seit Jahren eine Kommission zur Überprüfung der Betäubungsmittelgesetze fordern. (dpa)

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