TV-Kritik

TV Kritik: Große Koalition bei Anne Will

Von Anja Krüger Veröffentlicht:
Große Versammlung im Studio.

Große Versammlung im Studio.

© Wolfgang Borrs / NDR

Wenn SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach nicht auf Krawall gebürstet ist, verliert er sehr an Unterhaltungswert. Offensichtlich hat sich der Arzt schon so auf eine Große Koalition getrimmt, dass er Beißhemmungen hat.

Diesen Eindruck jedenfalls müssen Zuschauer nach der Talkrunde bei Anne Will am Mittwochabend haben. "Eingeliefert, ausgeliefert - wenn das Krankenhaus zum Risiko wird" sollte das Thema der Diskussion sein, die lange 75 Minuten dauerte.

Lauterbach und sein vermeintlicher Gegenspieler Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, traten erstaunlich einträchtig auf.

Dabei war die Einstimmung auf die Diskussion emotional aufgeladen. Schon in den vorhergehenden "Tagesthemen" ging es um die beiden gestorbenen Babys der mittlerweile geschlossenen Bremer Frühgeborenenstation.

Die Sendung eröffnet Anne Will mit einem Interview mit dem Kinderarzt Martin Karsten. Der weist darauf hin, dass die meisten Keime von außen ins Krankenhaus geraten, etwa über Mütter auf Früh- und Neugeborenenstationen.

Die Gefahr durch von außen in die Klinik getragene Keime kennt auch der leitende Arzt der Herzchirurgie des Deutschen Herzzentrums Berlin, Professor Roland Hetzer. "Wir haben viele Patienten gescannt", sagt er.

Das ist auch in den Niederlanden üblich. "Wir können viele Gesetze machen und verschärfen, aber es kommt darauf an: Wie wird es gelebt?", sagt CDU-Mann Spahn und verschiebt die Verantwortung von der Politik auf die Akteure im Gesundheitssystem.

Eigentlich ein klarer Fall für Karl Lauterbach, den lautesten Rufer der SPD nach schärferen Gesetzen. Aber Fehlanzeige. "Der Bremer Fall ist selten", betont er mehrfach.

Was man gegen Behandlungsfehler und Keimbefall in Kliniken außer mehr Händewaschen tun kann, erfahren die Zuschauer leider nicht.

Die Diskussion der Gäste, darunter auch der frühere Reporter Dagobert Lindlau und Schauspielerin Caroline Beil, kreist um die Prüfung von Medizinprodukten, das Arzt-Patientenverhältnis und darum, dass es immer nur ums Geld geht.

Spahn sagt zu, über die von Lauterbach vorgebrachten Kritikpunkte am Patientenrechtegesetz noch mal zu reden: mehr Informationspflichten für Ärzte, einen Härtefallfonds für Opfer von Behandlungsfehlern und eine Muss-Bestimmung für Kassen, Patienten nach Fehlern zu unterstützen. Fast erwartet man, dass die beiden noch in der Sendung ihr großkoalitionäres Bündnis besiegeln.

Sympathieträger ist der Herzchirurg Hetzer. Ruhig und besonnen, mit einem feinen Gespür für Untertöne rückt er am Ende den Eindruck zurecht, der sich im Laufe der Diskussion einschleicht.

"Es entsteht der Eindruck, als wären Ärzte geldgierig", fasst Hetzer den Subtext eines beträchtlichen Teils der Diskussion zusammen. "Aber das stimmt nicht."

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