Streit um Terminservicestellen

Top oder Flop?

Seit einem Jahr helfen Callcenter Patienten bei der Suche nach einem Facharzt. Im April soll das Angebot sogar ausgeweitet werden. Sinnvoller Patienten-Service oder teurer Bürokratieaufwand?

Veröffentlicht:
Auf der Suche nach Facharztterminen helfen die Termin-Servicestellen.

Auf der Suche nach Facharztterminen helfen die Termin-Servicestellen.

© eurobanks / Fotolia

BERLIN. Wer gesetzlich krankenversichert ist, kann sich seit Ende Januar 2016 mit einer dringlichen Überweisung vom Hausarzt an ein Callcenter wenden. Die Mitarbeiter müssen dem Patienten innerhalb einer Woche einen Termin bei einem Facharzt vermitteln.

Auf den Termin dürfen die Patienten dann maximal vier Wochen warten. Gelingt das nicht, können sie im Krankenhaus Hilfe suchen.

Die Zahl der Termine, die tatsächlich Patienten vermittelt worden seien, liege im ersten Jahr seit der Einführung bundesweit unter 120 000, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Er fügte hinzu: "Wir hatten in diesem Zeitraum 580 Millionen ambulante Behandlungsfälle."

Ein Drittel auf Suche nach allgemeinen Infos

Die Gesamtzahl der Anfragen könne man in drei Kategorien aufteilen: ein Drittel der Menschen suche allgemeine Informationen, ohne einen Termin zu erfragen, ein Drittel habe nicht den nötigen Überweisungsschein, und ein Drittel bekommt tatsächlich einen Termin bei einem Facharzt vermittelt. "Es gibt weniger als zehn Patienten, die wir nicht vermitteln konnten", sagte Gassen.

Hauptsächlich nachgefragt würden vier Fachgruppen: Nervenärzte, Hautärzte, Gastroenterologen und Orthopäden. Die Einführung der Terminservicestellen war Teil des Versorgungsstärkungsgesetzes. Für die Terminvermittlung sind die 17 regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig.

Gröhe und GKV-Spitzenverband pro Servicestellen

Gesundheitsminister Gröhe sagt: "Monat für Monat helfen die Terminservicestellen zehntausend Versicherten, wenn's mit dem Facharzttermin hakt. Das ist eine Stärkung der Patientenrechte. Es bleibt die Aufgabe aller Beteiligten, dafür zu sorgen, dass die Vermittlung von Facharztterminen für alle Versicherten reibungslos funktioniert."

Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, sagt: "Die Terminservicestellen haben sich insgesamt bewährt." Sie erwarte von der Ärzteschaft, dass sie "weiter daran arbeitet, Wartezeiten für kranke Menschen zu verringern".

Es könnte noch deutlich mehr Menschen geholfen werden, "wenn die Kassenärztlichen Vereinigungen offensiv für die Terminservicestellen werben würden, statt dieses Angebot praktisch zu verstecken". 2017 wird das Angebot Pfeiffer zufolge sogar noch ausgeweitet. Ab 1. April seien die Terminservicestellen auch für die Vermittlung von Psychotherapeuten zuständig.

Kassen und Kassenärzte dagegen

Die Servicestellen für einen schnellen Termin beim Facharzt haben sich nach Ansicht der Kassenärzte nicht bewährt. Folglich fordern sie deren Abschaffung. Auch die Kassen kritisieren oft die Kosten und den Verwaltungsaufwand für die Servicestellen. (ajo/dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Fritz Lax 17.01.201714:04 Uhr

Terminservicestellen

Bei mir (Dermatologe, Iserlohn, NRW) ist noch keiner der Termine gebucht worden.
Mich würde mal Interessieren, wie viele Termine (absolute Zahlen) nun denn vermittelt wurden (KVWL / gesamt Deutschland) bei welchen Facharztgruppen. Ob Herr Gröhe mit seinenen zehntausen Patienten wirlich recht hat?

Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!