Unterfinanzierung und fehlende politische Vorgaben plagen die Berliner Charité

Die Charité kämpft um ihre Größe und Einheit. Die größten Probleme kommen jedoch nicht von innen, sondern aus der Berliner Politik, meinen Experten.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:

"Die Größe der Charité ist ein Vorteil im internationalen Wettbewerb." Professor Karl Einhäupl, Vorstandschef der Charité

Im Gefolge der Diskussion um eine Herauslösung des Campus Benjamin Franklin aus dem Verbund der Berliner Uniklinik Charité hat der Senat von Berlin nun eine Kommission eingesetzt, die die Krankenversorgung im Berliner Südwesten prüfen soll. Erwogen werden sollen verschiedene Zukunftsmodelle für das Klinikum Benjamin Franklin.

Während eine Privatisierung des Uniklinikums, wie sie der Präsident der Freien Universität Dieter Lenzen gefordert hat, eher unwahrscheinlich erscheint, fordert die Politik eine verstärkte Kooperation von Charité und dem kommunalen Klinikbetreiber Vivantes. Dabei redet der Berliner Senat erneut um den Kern des Problems herum. So jedenfalls bewerten es Experten, wie der frühere Berliner Wissenschaftssenator George Turner und der Generalsekretär des Verbands der Universitätskliniken Deutschlands Rüdiger Strehl.

Es gab nie eine politische Richtungsentscheidung

"Solange der Berliner Senat nicht klar sagt, dass es in Berlin zu viele Hochleistungskrankenhäuser gibt und dass zu wenig Geld für Investitionen da ist, bleibt alles andere politische Kosmetik", sagte Strehl der "Ärzte Zeitung". Er äußerte Verständnis, für den Vorstoß des FU-Präsidenten, der als Chef einer Elite-Uni eine intakte Uniklinik brauche, die nicht von Defiziten und Strukturproblemen belastet sei. Als eigentliches Problem der Charité betrachtet Strehl aber die Berliner Politik. Er bemängelt, dass eine Richtungsentscheidung zur Weiterentwicklung der Charité nie gefallen und die Berliner Uniklinik "komplett unterfinanziert" sei.

"Das Hauptproblem der Charité liegt beim Senat, der unehrlich die falschen Rahmenbedingungen setzt", so der VUD-Generalsekretär, der die Anfänge des Fusionsprozesses der Berliner Hochschulmedizin bis 1993 aktiv mitgestaltet hat.

Größe ermöglicht Teilnahme an Großforschungsaufträgen

Das Konzept für die Zukunft sieht vor, dass das Defizit in der Krankenversorgung von 56 Millionen Euro im vergangenen Jahr in diesem und nächstem Jahr auf rund 20 Millionen Euro reduziert und das Betriebsergebnis bis 2011 zu einer schwarzen Null gesteigert wird.

Der Charité-Vorstand wies zugleich Vorwürfe zurück, den Standort Benjamin Franklin unter den drei klinischen Standorten der größten deutschen Uniklinik zu vernachlässigen.

Entgegen anders lautenden Mitteilungen, seien dort im Zug der Umstrukturierung nicht mehr, sondern weniger Kliniken geschlossen worden als an anderen Standorten. Auch die Investitionen seien nicht ungleichmäßig zulasten des Standorts im Berliner Südwesten verteilt worden. Zudem fließt in diesem Jahr ein Großteil der Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II nach Steglitz. Konzeptionell plant der Charité-Vorstand den Standort zu einem Zentrum für Altersmedizin auszubauen, ohne ihn auf eine geriatrische Klinik zu beschränken.

Die Charité - ein Fusionsprodukt dreier Universitätskliniken

Die heutige Charité Universitätsklinik Berlin ist aus drei Berliner Unikliniken hervorgegangen. Ab 1998 wurden das Virchow-Klinikum im Westberliner Norden und das Charité-Uniklinikum der Ostberliner Humboldt-Universität in Berlin-Mitte zu einer gemeinsamen Fakultät zusammengeschlossen. Das Uniklinikum Benjamin Franklin (UKBF) der Freien Universität blieb unabhängig davon bestehen. 2003 folgte die Fusion der Charité mit dem UKBF, dem zu diesem Zeitpunkt der Verlust des Uniklinik-Status, wenn nicht gar die Schließung drohte. Die vergrößerte Hochschulmedizin wurde vom Land mit einem um 98 Millionen Euro verringerten Zuschuss zu Forschung und Lehre ausgestattet.

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